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5Das Urteil über Senecas Person ist bis heute umstritten: Wie passt sein riesiger Reichtum zu seinen philosophischen Lehren? Wie konnte er eine solche Machtposition haben und nicht in politische Intrigen und die Verbrechen Neros verwickelt sein? Hat er möglicherweise sogar Nero zum Schlechten hin beeinlusst? Oder konnte er in einem unfreien politischen System nur diesen Weg gehen? Hat er auch als Politiker Gutes für das Reich getan und positiv auf Nero eingewirkt, soweit das ging? Zeugen seine Schriften nicht von Lebenserfahrung und Menschlichkeit, vom Streben nach dem Guten? Lucius Annaeus Seneca wurde ca. 4 v. Chr. im spanischen Corduba geboren; seine Familie war wohlhabend und gehörte zum Ritterstand, sein Vater war ein berühmter Redelehrer. Dementsprechend erhielt Seneca eine hervorragende rhetorische und politische Ausbildung in Rom, beschäftigte sich aber auch – wie es damals bei vielen in der römischen Oberschicht zum guten Ton gehörte – mit Philosophie. In dieser Zeit lernte er auch die stoische Philosophie kennen, die ihn besonders prägte. 31 n. Chr. begann Seneca mit der Quästur und der Aufnahme in den Senat seine eindrucksvolle politische Karriere, jedoch musste er auch erfahren, dass Erfolg und Ruhm unter der Herrschaft der damaligen Kaiser viele Gefahren mit sich brachten: Caligula (37–41) soll neidisch auf seine Redekunst gewesen sein, vor einem Todesurteil rettete ihn nur, dass man wegen seines schlechten Gesundheitszustandes eh mit seinem Tod rechnete. Durch eine Intrige sorgte Messalina, die Gattin des Kaisers Claudius (41–54), 41 n. Chr. für die Verbannung Senecas nach Korsika. Erst Claudius’ nächste Ehefrau Agrippina bewirkte 48 n. Chr. die Begnadigung und seine Rückkehr nach Rom, denn sie hatte ihn als Erzieher und Lehrer ihres elfjährigen Sohnes Nero ausgewählt. Nun setzte Seneca seine politische Karriere sehr schnell fort, er wurde 50 n. Chr. Prätor und 55 n. Chr. Konsul. Nach dem Tod des Kaisers Claudius 54 n. Chr. – bei dem Agrippina zugunsten der Nachfolge ihres leiblichen Sohnes Nero wohl ihre Hände im Spiel hatte – blieb Seneca Erzieher und Berater Neros und beeinlusste zusammen mit Burrus, dem Präfekten der Prätorianergarde, die Politik des Reiches maßgeblich. Nero ließ sich in seinen ersten Herrschaftsjahren von diesen zwei Männern (und von seiner Mutter) leiten. Offensichtlich nutzte Seneca seinen Erfolg und die Gunst der kaiserlichen Familie auch für eigene Zwecke: Durch Geschenke des Kaisers und durch eigene Geschäfte – u.a. durch die Vergabe von Krediten zu extrem hohen Zinsen – wurde er zu einem der reichsten Männer des römischen Reiches. Er soll ein Vermögen von 300 Mio. Sesterzen angehäuft haben (zum Vergleich: Der Tageslohn eines Legionärs betrug ca. 2,5 Sesterzen). Seneca – Leben und Werk Seneca, Doppelherme (3. Jh. n. Chr.), Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc h er V er la gs | |
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