Volltext anzeigen | |
Christentum und Römisches Reich 33 30 35 40 45 50 5 10 15 20 25 30 2) römische Göttin der Treue1) oberste Gottheit der Römer M5 Eine christliche Verteidigung In seiner an Nichtchristen gerichteten „Verteidigungsschrift“ (Apologeticum) wehrt sich der christliche Autor Tertullian (um 160–nach 220) um 200 gegen den Vorwurf, die Christen seien gottlos: Mag also nun der eine Gott verehren, der andere den Iuppiter1); mag der eine seine betenden Hände zum Himmel erheben, der andere die Hände Sekte. Ächten und ausrotten sollte man diese Bande. An geheimen Zeichen und Merkmalen erkennen sie einander und lieben sich schon, fast ehe sie sich noch kennen. Unterschiedslos vollziehen sie ein Ritual der Lüste; sie nennen einander Brüder und Schwestern, sodass die bei ihnen übliche Unzucht durch den Gebrauch eines so heiligen Wortes sogar zum Inzest wird. [...] Vieles andere übergehe ich jetzt bewusst; denn es ist allzuviel, was sich schon durch die Heimlichtuerei dieser verderbten Sekte als ganz oder zum größten Teil zutreffend erweist. Warum bemühen sie sich denn so sehr, den Gegenstand ihrer Verehrung, was er auch sein mag, zu verbergen und zu verheimlichen? Anständigkeit lässt sich immer gern sehen, nur Laster hält man geheim! Weshalb sonst haben sie keine Altäre, keine bekannten Heiligtümer? Warum reden sie nie öffentlich, treffen sich nie frei, wenn nicht das, was sie da heimlich treiben, Strafe einbrächte oder Schande? Minucius Felix, Octavius, 8, 3–10, 2, nach: Ders., Octavius, herausgegeben und übersetzt von Bernhard Kytzler, Stuttgart 31993, S. 24–31 1. Arbeiten Sie heraus, welche Vorwürfe gegen die Christen vorgebracht und mit welchen Begriffen sie beschrieben werden. 2. Erläutern Sie die Vorwürfe vor dem Hintergrund römischer Wertvorstellungen und des römischen Religionsverständnisses (siehe auch M1, Seite 30 sowie Seite 41). zum Altar der Fides2); mag der eine (wie ihr glaubt) beim Gebet die Wolken zählen, der andere die Täfelung des Deckengewölbes; mag der eine seine eigene Seele seinem Gott weihen, der andere das Leben eines Bockes. Denn bedenkt, ob nicht auch das auf den Vorwurf der Gottlosigkeit hinausläuft, wenn man jemandem die Freiheit der Gottesverehrung nimmt und ihm die freie Wahl seiner Gottheit verbietet. Das hätte zur Folge, dass es mir nicht freisteht, zu verehren, wen ich will, sondern dass ich den zu verehren gezwungen werde, den ich nicht will. Niemand möchte doch wohl von jemandem verehrt werden, der es nicht gern tut, nicht einmal ein Mensch. Daher wird ja auch den Ägyptern das Recht auf ihren so sinnlosen Aberglauben zugestanden, Vögel und Tiere zu Göttern zu erheben und zum Tode zu verurteilen, wer einen derartigen Gott umbringt. Auch jede einzelne Provinz und jede Stadt hat ihren eigenen Gott. [...] Doch uns [Christen] allein wird das Recht auf eine eigene Form der Gottesverehrung verwehrt. Wir verletzen und beleidigen die Römer [so behauptet ihr] und werden nicht als Römer angesehen, weil wir nicht einen Gott der Römer verehren. Gut nur, dass er der Gott aller ist, dem wir – mögen wir wollen oder nicht – alle gehören. Doch bei euch ist alles nur Denkbare zu verehren erlaubt, außer dem wahren Gott – als ob nicht vielmehr derjenige der Gott aller wäre, dem wir alle gehören. Tertullian, Apologeticum, 24, 5–10, nach: Ders., Apologeticum, herausgegeben und übersetzt von Carl Becker, München 41992, S. 150–153 1. Geben Sie die Forderung und Argumente Tertullians wieder. 2. Erklären Sie, worin der religiöse Konflikt zwischen nichtchristlichen Römern und Christen besteht, und beurteilen Sie, inwieweit Tertul lians Position das Problem beheben kann. 3. Überprüfen Sie vor dem Hintergrund des christlichen Monotheismus (Glaube an einen Gott) und des römischen Religionsverständnisses, ob Tertullians Forderung eine dauerhafte Lösung des Konfliktes zwischen Christen und nichtchristlichen Römern ermöglicht. Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |