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Das Ende der Antike: die Verwandlung der Mittelmeerwelt 95 der Schlacht. Aber auch für die siegreichen Westgoten blieb die Lage schwierig. Sie litten unter Hunger und Seuchen und fürchteten immer noch, von den Hunnen angegriffen zu werden. Deshalb kam es im Jahre 382 zu einer friedlichen Einigung zwischen dem neuen Kaiser Theodosius I. und den Westgoten: Diese wurden in der sicheren römischen Diözese Thrakien angesiedelt. Sie lebten dort, ohne Steuern zahlen zu müssen und nach eigenen Gesetzen. Im Gegenzug verpflichteten sie sich zu Militärdiensten für die Römer, allerdings unter eigenen Befehlshabern und gegen Bezahlung. Erstmals wurde mit diesem sogenannten Gotenfoedus1) ein ganzer germanischer Stamm als selbstständiger Vertragspartner im Inneren des Römischen Reiches angesiedelt. Die Goten erkannten zwar die Oberhoheit des römischen Kaisers an, blieben aber ein eigener, unab hän giger Stammesverband. 1) foedus: Bündnisoder Friedensvertrag Diese weitgehende Selbstständigkeit und die militärische Überlegenheit der westgotischen Reiterei machten eine Kontrolle durch die Römer in den Folgejahren praktisch unmöglich (➧ M2). Anfang des 5. Jahrhunderts gelang es schließlich dem oströmischen Kaiser Arcadius, die aufsässigen Westgoten nach Italien ins Herrschaftsgebiet seines Bruders Honorius abzulenken. Dort eroberten die Westgoten unter ihrem König Alarich I. im Jahre 410 die Stadt Rom, konnten Kaiser Honorius aber weiterhin nicht zu Zugeständnissen zwingen. Die Ansiedlung in Italien lehnte der Kaiser ab, und der Versuch Alarichs, auf eigene Faust von Italien nach Nordafrika, in die reiche „Kornkammer“ des Westreiches, überzusetzen, scheiterte. So mussten die Westgoten unter Alarichs Nachfolger Athaulf nach Gallien und Spanien weiterziehen, weil ihnen in Italien die Nahrungsmittel auszugehen drohten. Athaulf hoffte, das Überleben der Westgoten durch eine dauerhafte Ansiedlung und Integration ins Römische Reich sichern zu können. 414 heiratete er daher Galla Placidia, die Schwester des Kaisers Honorius, die bei der Eroberung Roms in die Hände der Westgoten geraten war. Das war ein erstes Signal für einen friedlichen Ausgleich zwischen den Westgoten und der Reichsregierung (➧ M3). Wenige Jahre später wurden die Westgoten tatsächlich im südlichen Gallien angesiedelt. Wiederum verpflichteten sie sich in einem „foedus“ zu Militärdiensten für die Römer und erhielten im Gegenzug entweder einen Teil des römischen Grundbesitzes oder einen entsprechenden Anteil an den Steuereinnahmen ihres Siedlungsgebietes zugesprochen. Das Heer der Westgoten bildete fortan den Kern der römischen Feldarmee in Gallien. Im Jahre 451 waren die Westgoten der wichtigste Bestandteil einer großen Allianz von Römern und germanischen Stämmen, die auf den Katalaunischen Feldern die nach Gallien vorgedrungenen Hunnen abwehrte. Immer wieder gerieten die Westgoten aber auch in Konflikt mit den Römern. Allmählich gelang es ihnen, die Vorherrschaft in Gallien zu erringen und ihr Siedlungsgebiet bis nach Spanien auszudehnen. Die westgotischen Könige regierten nicht mehr nur über die Goten, sondern auch über die römischen Bewohner ihres Machtbereichs. Die Herrschaft der Westgoten wurde für die Bevölkerung Galliens zu einer echten Alternative zur Römerherrschaft (➧ M4). Immer mehr römische Großgrundbesitzer kooperierWanderung und Reichsgründung der Westgoten Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um de s C .C .B ch ne r V er la gs | |
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