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411.6 Verbesserung der Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland das sozialpolitische Thema Nummer eins. Arbeitslosigkeit entsteht, wenn am Arbeitsmarkt ein Ungleichgewicht besteht, bei dem die angebotene Art und Menge von Arbeitsleistungen die nachgefragte Art und Men ge übersteigt, so dass ein Teil der arbeits wil ligen und der arbeitsfähigen Erwerbspersonen zeitweise keine Beschäftigung hat. Von besonderem Interesse ist die sog. strukturelle Arbeits losig keit im eigentlichen Sinn: Veränderungen der Nach frage in einzelnen Wirtschaftszweigen, der Einsatz neuer Techniken oder Ver änderungen auf dem Weltmarkt führen zu sich wandelnden Anforderungsprofi len für die Beschäf tigten und zum Abbau von Arbeitsplätzen. Strukturelle Arbeits losigkeit ist meist langfristig, da die Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer an veränderte Anforderungen mangels Qualifi kation und Mobilität begrenzt ist. Bei den wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kennt man zwei konkurrierende Ansätze: Die antizyklische Nachfragepolitik (im Sinne Keynes’) sieht zum Abbau von Arbeitslosigkeit eine aktive Konjunkturund Beschäftigungspolitik vor. Der Staat als zentraler Akteur soll durch eine Erhöhung der Staatsausgaben die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigern, um Phasen der Stagnation zu überwinden. Über die Initialzündung höherer Staatsinvestitionen soll ein positiver, sich selbst verstärkender Wirtschaftsprozess in Gang gesetzt werden. Damit verbundene staatliche Haushaltsdefi zite werden trotz der Gefahr einer höheren Staatsverschuldung billigend in Kauf genommen (defi cit spending). Die angebotspolitische Position ist der neoliberalen bzw. neoklassichen Schule zuzuordnen und möchte die Arbeitslosigkeit durch eine Verbesserung der Investitionstätigkeit der Unternehmen beseitigen. Dazu sollen für die Unternehmen verbesserte Rahmenbedingungen (wie z. B. niedri ge re Kos ten, weniger staatliche Regulierung) geschaffen werden. Über ein höheres Wirtschaftswachstum werde sich dann auch mehr Beschäftigung einstellen. Beide Erklärungshypothesen haben ihre Berechtigung, aber keine kann Anspruch darauf erheben, ein zutreffendes Bild der ganzen Wirklichkeit zu vermitteln. Wesentliche Akteure bei der Gestaltung der Beschäftigungsund Einkommensverhältnisse sind die Tarifpartner, d. h. die Verbände der Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände). Sie handeln im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Tarifautonomie (Art. 9 GG) – also unabhängig von direkter staatlicher Einfl ussnahme – Tarifverträge aus. Diese regeln für die Mitglieder der Tarifparteien verbindlich die Rechte und Pfl ichten in den Arbeitsverhältnissen. Das tarifl iche Entgelt (Tarifl ohn, Tarifgehalt) darf vom Arbeitgeber nicht unterschritten werden. Aus Sicht der Arbeitgeber kann nur verteilt werden, was durch größere Produktivität erwirtschaftet wurde. Vor allem in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit sehen sich die Gewerk schaften mit der Forderung konfrontiert, sich bei den Lohnab schlüssen an der konjunkturellen Situation zu orientieren. Dahin ter steht die Überlegung, dass Unternehmen so lange Arbeitskräfte einstellen, wie deren Lohn pro Stunde kleiner ist als ihre mit den erzielbaren Absatzpreisen bewertete Ertragskraft. Die gewerkschaftliche Argumentationskette sieht anders aus: Lohnsteigerungen sollten neben dem Produktivitätszuwachs und Infl ationsausgleich auch eine Umverteilungskomponente enthalten. Nach dieser sog. Kaufkrafttheorie sind hohe Löhne nicht etwa schlecht für die Vollbeschäftigung, sondern sogar notwendig. Denn nur wenn es genügend Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen gibt, werden auch entsprechend viele Arbeitskräfte eingestellt. Lohnsenkungen würden der Konjunktur dagegen eher schaden als nützen. Ein nicht zu vernachlässigendes Problem stellt die Staatsverschuldung dar, die mit der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland zum Wohlfahrtsstaat einhergeht. Am höchsten ist der Bund verschuldet; auf ihn entfallen rund 60 Prozent der Z Beschäftigung und Einkommen Nu r z ur P rü fzw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V rla gs | |
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