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Schreiben: Einen Prosatext interpretieren 103 Erlebte Zeitgeschichte 5 10 5. Häufig ist es für die Interpretation hilfreich, wenn man zum Thema, zum Autor oder zur Erscheinungszeit des Textes Hintergrundinformationen hat. In diesem Fall ist die Relevanz für die Interpretation zu prüfen. Überlegen Sie, wo und wie sich die oben stehenden Informationen einbinden lassen, und ergänzen Sie Ihre Interpretation. 6. Entscheidend für die Richtigkeit einer Interpretation ist, ob sich die Ausführungen am Text belegen lassen. Überprüfen Sie, inwiefern sich die folgenden Aussagen durch Textstellen stützen lassen. • Der Ich-Erzähler und seine Frau können zu nächst beide nicht glauben, dass ihr Nachbar ein Massenmörder sein soll. • Das Verhalten des Ich-Erzählers vor dem Ausgang des Prozesses unterscheidet sich grundlegend von seinem Verhalten danach. • Die Frau des Ich-Erzählers beschönigt die Taten des Angeklagten. • Die Frau des Ich-Erzählers geht sogar so weit, dass sie auch ihren Mann für fähig hält, ein solches Verbrechen begangen zu haben. Die Kurzgeschichte „Kinder sind immer Erben“ von Max von der Grün erschien im Jahr 1965. Die Veröffentlichung fällt damit in den Zeitraum der Frankfurter Auschwitzprozesse, die vom Dezember 1963 bis zum August 1965 dauern und in sechs Hauptprozessen Aufseher und Angehörige der Lagerverwaltung des Vernichtungslagers Auschwitz zur Rechenschaft ziehen. Der Prozessverlauf wird nicht nur eingehend in der Presse verfolgt, sondern auch literarisch verarbeitet (z.B. in dem Theaterstück „Die Ermittlung“ von Peter Weiß). Die bundesdeutsche Gesellschaft ist nicht zuletzt dadurch gezwungen, sich mit den Verbrechen des Nationalsozialismus und damit mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Im Zuge des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders nach dem Krieg ist gerade dies in den 50er und Anfang der 60er Jahre erfolgreich verdrängt worden. Es ergeben sich sehr emotionale öffentliche Diskussionen. In Familien und Freundeskreisen geht es um die persönliche Verstrickung und damit um die Frage der Schuld an den Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Wer einen Prosatext interpretiert, sollte … zentrale Aussagen mit wörtlichen Zitaten aus der Textvorlage belegen (auf richtige Zitierweise achten!), die Sprachanalyse funktional auf den Inhalt beziehen (kein Selbstzweck!): sprachliche Merkmale dienen der Absicherung inhaltlicher Aussagen, zunächst nur die Informationen heranziehen, die dem Text zu entnehmen sind, Hintergrundwissen über Autor, Epoche, Thema usw. nur dann einarbeiten, wenn es zum besseren Verständnis des Texts beiträgt, sich bewusst sein, dass literarische Texte einen Auslegungsspielraum bieten, der dort endet, wo die Interpretation durch den Text widerlegt werden kann. Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt u d es C .C . B u hn er V er la gs | |
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