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461Der Holocaust-Gedenktag in Israel etwa weil der Mörder durch Juden gefasst worden war, nicht weil er in einem Glaskäfi g vor Gericht gestellt wurde, nicht weil die Opfer hier vielleicht einen Ausgleich für ihr OpferSein verspürten – sondern weil das neue Israel endlich aufzuhören begann, den alten Diaspora-Juden zu verachten, weil es sich mit ihm zu identifi zieren begann. Weil jeder israelische Jude, eingeschlossen die schon im Land geborenen Helden der Schlachten und Siege, in den Tagen des EichmannProzesses gezwungen war, sich zu fragen, was er getan hätte, was er hätte durchmachen müssen, wenn er in jenen Tagen der Verfolgung und der Morde dort unter den Opfern gewesen wäre. Amos Oz, Israel und Deutschland. Vierzig Jahre nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Übersetzt von Lydia Böhmer, Frankfurt am Main 2005, S. 19 24 1. Beschreiben Sie die Sichtweise von Amos Oz auf Adolf Eichmann. 2. Analysieren Sie die Bedeutung des Eichmann-Prozesses für den Umgang der israelischen Bevölkerung mit dem Holocaust. Ziehen Sie M1 hinzu. 3. Die 1941 in die USA emigrierte deutsch-jüdische Publizistin und Philosophin Hannah Arendt berichtete 1961 für die amerikanische Presse über den Eichmann-Prozess. Aus ihren Reportagen ging 1963 das umstrittene Buch „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ hervor. In Israel blieb es über Jahrzehnte unübersetzt. Recherchieren Sie über Inhalt und Wirkung des Buches und beurteilen Sie die Reaktionen in Israel vor dem historischen Hintergrund. M3 Jüdischer Staat und Holocaust Der israelische Präsident Shimon Peres am nationalen Holocaust-Gedenktag 2011 in Yad Vashem: Wir waren allein, ohne ein eigenes Land. Die alliierten Bomber, die über Auschwitz fl ogen, warfen noch nicht einmal eine einzige Bombe auf die Massenvernichtungsanlagen ab. Die Shoa hat endgültig bewiesen, dass es keine Alternative für ein eigenes Heimatland für uns gibt. Es gibt keinen Ersatz für die Israelischen Verteidigungskräfte. Heute haben wir unser eigenes Heimatland gegründet. Heute haben wir eine ausgezeichnete Armee, die den Respekt der Welt erworben hat. Wir haben ein demokratisches System, dass den notwendigen Schutz bieten und den nötigen Frieden anstreben kann. Dies ist die Antwort auf einen Feind, auf jeden Feind. Selbst heute, nach der Shoa, gibt es ein Regime auf der Welt, dessen Führung aus Holocaust-Leugnern und Hetzern besteht. Dies sollte jede Person und jedes Gewissen schockieren. Die fanatische Führung des Iran1 ist eine Bedrohung für die ganze Welt – nicht nur eine Bedrohung für Israel. Sie bedroht jedes Heim und jeden Ort. Sie ist eine wirk liche Gefahr für die Menschheit. [...] Wir, das jüdische Volk, waren Opfer von Rassismus, Verfolgung und Diskriminierung, aber wir haben niemals das Gebot vernachlässigt, jeden Menschen zu respektieren. Denn jeder Mensch ist, gemäß unserer Tradition, als Ebenbild Gottes geschaffen. Selbst in einer fi nsteren Welt strebten und werden wir danach streben, den Nationen ein Licht zu sein. Dies ist die Bedeutung des Staates Israel: unser Volk physisch und unsere Tradition moralisch zu verteidigen. Jeder Bürger Israels, unabhängig von Religion oder Rasse, weiß, dass Israel das antirassistischste Land auf der Welt ist und bleiben wird. Israel ist das historische Gedenken an die Opfer des Holocaust. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu fordert in seiner Rede am selben Tag: Alle zivilisierten Völker auf der Welt, all jene, die für sich in Anspruch nehmen, die Lektion aus dem Holocaust gelernt zu haben, müssen eindeutig jene verurteilen, die zur Auslöschung des jüdischen Staates aufrufen. Der Iran bewaffnet sich sogar mit Atomwaffen, um dieses Ziel zu verwirklichen, und bislang hat die Welt ihn nicht gestoppt. [...] Die erste Lektion besteht also darin, die, die uns bedrohen, ernst zu nehmen. Die nächste Lektion geht aus dem Verständnis hervor, dass Angriffen auf unser Volk seit jeher Wellen des Hasses vorangingen, die den Boden für den Ansturm bereiteten. Daher muss die zweite Lektion, die wir aus dem Holocaust ziehen, darin bestehen, dass wir das wahre Gesicht des Hasses auf unser Volk enthüllen. [...] Der jahrhundertealte Hass auf die Juden erwacht heute von Neuem und nimmt die Form des Hasses auf den jüdischen Staat an. Auch heute gibt es solche, die den jüdischen Staat für alle Übel auf der Welt verantwortlich machen – von gestiegenen Ölpreisen bis zur Instabilität in unserer Region. Es 1 Bis zur Iranischen Revolution war das Verhältnis zwischen Israel und dem Iran freundschaftlich. 1979 wurde der vom Westen unterstützte Schah von Persien durch Islamisten – strenggläubige Muslime, die einen auf die „Hingabe an Gott“, den Islam, gerichteten grundlegenden gesellschaft lichen und politischen Wandel der muslimischen Staaten fordern – gestürzt. Seither praktiziert die iranische Regierung eine antiwestliche und vor allem antiisraelische Po litik. Israel fühlt sich durch einen möglichen iranischen atomaren Angriff bedroht. Zudem stellte der derzeitige iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad in Konfrontation zum Westen den Holocaust wiederholt infrage. 25 30 5 10 15 20 25 30 35 40 45 32015_1_1_2015_Kap4_442-469.indd 461 01.04.15 11:04 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc ne r V er la gs | |
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