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233Additum Dir deinen Glauben, mir meinen! Auf dem Gebiet der heutigen Türkei wurde im 13. Jh. das Osmanische Reich gegründet. Schnell dehnten die muslimischen Osmanen ihr Gebiet nach Westen aus: 1453 eroberten sie Konstantinopel und machten es zur neuen Hauptstadt ihres Reiches, 1529 nahmen sie Budapest ein und im gleichen Jahr rückten sie gegen Wien vor. Im christlichen Abendland machte das Wort von der „Türkennot“ die Runde. Kaiser Karl V. und sein Bruder Ferdinand von Habsburg wollten mit den Türken über einen Waffenstillstand verhandeln. Als Leiter einer kaiserlichen Delegation brach Ogier Ghislain de Busbecq im Jahr 1554 zu Verhandlungen in das Osmanische Reich auf. Trotz der im Abendland kursierenden „Schauergeschichten“ über die Türken näherte er sich vorurteilsfrei und neugierig dieser fremden Welt. Später schilderte er seine Erlebnisse und berichtete auch über eine Begegnung mit Rüstem (Rustanus) Pascha, dem Großwesir und Schwiegersohn des Sultans Süleyman (Suleimannus). Rüstem schätzte den westlichen Abgesandten und machte ihm einen überraschenden Vorschlag. Rustanus, cum de communibus rebus meisque negotiis locuti essemus, se familiarius gerere coepit – quod raro1 fiebat – atque postremo me interrogavit, cur non ad religionem Turcarum2 transirem et deum verum colerem. Quo facto Suleimannum me magnis honoribus praemiisque affecturum esse pollicitus est. Equidem respondi certe me mansurum esse in ea religione, in qua natus essem et quam Caesar3, dominus meus, sequeretur. „Pulchre“, inquit Rustanus, „sed tamen quid fiet de anima4 tua? Nonne times, ne anima tua peritura sit?“ „De anima mea“, dixi, „nihil timeo.“ Tum ille, cum paulum5 his de verbis cogitavisset: „Profecto ita est“, inquit, „ut dicis. Ego quoque puto eos, qui vitam sanctam honestamque egerint, ad beatitudinem6 aeternam perventuros esse, quamcumque religionem secuti sint.“ (nach Ogier Ghislain de Busbecq, Legationis Turcicae Epistolae) 3 6 9 12 1 rārō: Adv. zu rārus 2 Turcae m Pl. die Türken 3 Caesar hier: Kaiser Karl V. 4 anima Seele 5 paulum Adv. ein wenig 6 beātitūdō Seligkeit Sultan Süleyman I. der Prächtige (reg. 1520–66). Gemälde aus venezianischer Schule. Um 1530. Wien, Kunsthistorisches Museum. 45 Z4 1 Vergleicht das Verhalten des Rüstem Pascha mit dem des miles aus 45 T4. Achtet vor allem darauf, von welchen Motiven ihr Handeln bestimmt ist und welche Methoden sie anwenden. 2 Handelt Rüstem Pascha richtig, wenn er seinen Bekehrungsversuch abbricht? Diskutiert diese Frage in der Klasse. 3 Informiert euch über die Kontakte zwischen Islam und Christentum im Lauf der Geschichte. Wo finden sich Beispiele für einen respektvollen und toleranten Umgang beider Religionen miteinander? Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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