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71Umgang mit Texten und Medien: Mit Sachtexten umgehen Schon gelesen? Informationen entnehmen und zusammenfassen Im folgenden Interview erläutert Professor Dr. Horst Heidtmann, Leiter des Instituts für angewandte Kindermedienforschung in Stuttgart, einer deutschen Zeitung einige Ergebnisse seiner Forschung. Jede Zeile voller Action Herr Heidtmann, zaubern Jungs wirklich lieber am PC, statt dicke Bücher zu wälzen – Harry Potter zum Trotz? Mit zunehmendem Alter werden andere Medien wichtiger. Für eine Studie1 haben wir unlängst 2 300 Schülerinnen und Schüler (in Südwestdeutschland) im Alter zwischen zehn und 16 Jahren befragt: 55 Prozent der Jungen geben an, dass sie nicht – oder nicht mehr – erzählende Literatur lesen. Das Fernsehen wird am meisten genutzt, die Computermedien legen deutlich zu. Eine andere Studie von uns zeigte, dass wir die Harry-Potter-Begeisterung in einem anderen Licht sehen müssen: Zwar zählen über 30 Prozent der jugendlichen männlichen Leser Potter-Bände zu ihren Lieblingsbüchern, doch auf gezieltes Nachfragen räumen etliche Jungen ein, dass sie den jeweiligen Band (noch) nicht fertig gelesen oder wegen nachlassenden Interesses wieder aus der Hand gelegt hätten. „Isch zu dick.“ Durch Spielanleitungen und Handbücher von Softwareprogrammen quälen sie sich doch ganz gerne. Zählt das nicht? Da sollten wir in der Tat umdenken. Wir haben in unseren Köpfen – und auch in unseren Schulen – vielfach Vorstellungen von einer Lesekultur, die es in dieser Weise schon lang nicht mehr gibt. Das Entscheidende ist, dass Jungen – wie Mädchen – über die Kompetenz2 verfügen sollten, Texte lesen und verstehen zu können. Das ist auch der Maßstab, den die internationalen Vergleichsstudien, wie die Pisa-Studie3, anlegen. Die Lehrpläne an deutschen Schulen geben für den Deutschunterricht eine Auswahl von Texten vor, die eher dem 19. Jahrhundert als dem Informationszeitalter verpflichtet ist. Die Schere zwischen dem, was Kinder heute in ihrer Freizeit lesen, und dem, was in den Schulen behandelt wird, klafft Jahr für Jahr weiter auseinander. Wenn sie es doch tun, was lesen Kinder am liebsten? Die Leseinteressen von Jungen grenzen sich heute – stärker als je zuvor – auf einfache Formen der spannungsund erlebnisorientierten Unterhaltungsliteratur ein. Jungen lesen bevorzugt Krimis, Horror-, Fantasyund Abenteuergeschichten. Jüngere schätzen besonders Autoren wie Thomas Brezina oder R. L. Stine, Autoren, die ihr Erzählen an TV-Serien orientieren. Ältere lieben Er wachsenenautoren wie Stephen King oder Grisham, deren Romane sich wie ausformulierte Drehbücher zu Hollywoodfilmen lesen, die also ebenfalls vom Film geprägt erzählen. … und der traditionelle Abenteuerroman à la Karl May oder R. L. Stevenson? 1 die Studie: die Untersuchung 2 die Kompetenz: die Fähigkeit 3 die Pisa-Studie: weltweite Unter suchung, die die Leistungen von Schülern vergleicht 5 10 15 20 25 30 35 Prof. Heidtmann Nu r z u Pr üf zw ck n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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