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65Umgang mit Texten und Medien Zwei Welten in mir 10 15 20 25 30 35 40 Ja, wir leben im Migrationszeitalter. Da treffen Immigrationsminderheiten und Mehrheitsbevölkerung aufeinander. Die Immigrationsminderheiten sind eingewandert, etwa als Arbeits migranten und -migrantinnen, z.B. aus der Türkei, als Bürgerkriegsoder Verfolgungsmigranten, z.B. aus Bosnien oder Kosovo. Sie treffen hier auf die ansässige Mehrheitsbevölkerung. Beide haben ihre eigene kulturelle Identität. Was geschieht bei diesem Zusammentreffen? Kann dies gut gehen – oder bleibt nur der harte Zusammenprall? Kulturelle Identität wird durch Sozialisation1 erworben, sie ist nicht durch Gene bestimmt. Sozialisation geschieht in den Milieus, in denen wir aufwachsen: in der Familie, in der Schule, in den gesellschaftlichen Verhältnissen, in den religiösen Gemeinschaften, im Arbeitsleben. Im Zusammenleben in diesen Milieus erleben wir, welches Verhalten gefördert, welches abgelehnt, bestraft wird. So lernen wir Lebensregeln und in ihnen die geltenden Werte. Diese Lebensregeln werden ein Teil von mir, sie leben in mir und schaffen so das, was wir kulturelle Identität nennen. Regeln geben mir ein grundlegendes Gefühl von Zugehörigkeit, Lebenssicherheit, Identität. Die Immigrationsminderheiten bringen bei der Einwanderung ihre kulturelle Identität mit: ihre Sprache, die Regeln ihres familiären Zusammenlebens, ihre Religion, ihre Sitten und Gebräuche, ihre Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens, ihre Werte, insgesamt: ihre Kultur. Damit kommen sie in ein Land, wo für sie alles fremd ist von der Landschaft über die Sprache bis hin zu den gesellschaftlichen Regeln. Das hat zur Folge, dass das vertraute Eigene besonderes Gewicht bekommt: die eigene Sprache, die Religion, die familiären Lebensregeln. Denn dies gibt im fremden Land etwas wie Geborgenheit. Damit hängt zusammen, dass man sich vorwiegend bei seinesgleichen sammelt. So bleibt man abgesehen vom Arbeitsleben nicht selten „unter sich“. Für die Mehrheitsbevölkerung gilt grundsätzlich dasselbe. Auch sie hat ihre kulturelle Identität durch ihre Sprache, ihre Religion, ihre Regeln des Zusammenlebens, ihre Werte. Für die Mehrheitsbevölkerung gilt dies als das Selbstverständliche, das keiner besonderen Begründung bedarf. Denn hier ist es so. So herrscht das Grundgefühl: Die Eingewanderten sollen sich anpassen. Beide Seiten stehen vor einer komplexen, Zeit beanspruchenden Aufgabe: den anderen und ihrer kulturellen Identität zu begegnen, das Fremde schrittweise kennenzulernen, sich auszutauschen und damit Eigenes zu relativieren. Wichtig ist zu sehen, kulturelle Identität ist kein Monolith, kein fest stehender, unveränderlicher Felsblock. Werner Kramer Kulturelle Identität im Migrationszeitalter 5 4 Aufgabe: Seite 69 1 die Sozialisation: Prozess, in dessen Verlauf sich der Heranwachsende in die Gesellschaft ein ordnet, indem er gesellschaftlich be dingte Ver haltens weisen über nimmt • die Immigra tionsminderheiten • die Mehrheitsbevölkerung Erkläre: N u r zu P rü fz w e c k E ig n tu m e s C .C . B u c h e r V e rl a g | |
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