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67Umgang mit Texten und Medien Zwei Welten in mir Inzwischen hat Donato Rotunno auch einen luxemburgischen Reisepass. Die Entscheidung traf er erst, nachdem das Gesetz über die doppelte Staatsbürgerschaft 2008 in Kraft getreten war. Die Antragsprozedur zieht sich wie ein roter Faden durch seinen Dokumentarfilm „Pass“. In der Art einer soziologischen Langzeitstudie stellt der Film die Frage, wie Identitätsgefühle sich im Laufe der Zeit ändern können. Er selbst, so Rotunno, habe das Gefühl, dass er in den letzten Jahren allmählich zu sich selbst gefunden habe: zu einer eigenen Identität, die sich nicht darauf beschränke, Luxemburger, Italiener oder beides zugleich zu sein. Der Beruf, die eigene Familie, der Freundeskreis, auch darin spiegele sich letztlich die Identität eines Menschen, nicht nur in der Zugehörigkeit zu dieser oder jener Nation und der Kultur, für die sie steht. 45 50 10 15 20 25 Als Paula R. 1973 in Portugal geboren wurde, hatte ihr Vater seinen Entschluss bereits gefasst. Die Geschäfte in der Baubranche liefen nicht so gut, wie er es sich gewünscht hatte. Also wollte er auswandern, dorthin ziehen, wo es reichlich Arbeit und mehr Geld zu verdienen gab: nach Luxemburg. Es sollte nur für kurze Zeit sein, da war sich der Mann sicher. Seine Frau zog mit der Tochter nach, da war Paula gerade sechs Monate alt. Als die zweite Tochter, Susana, 1977 zur Welt kam, lebte das Ehepaar noch immer in Luxemburg – aus der „kurzen Zeit“ sollten 15 Jahre werden. Dann kam für Paula und Susana, damals 15 und elf Jahre alt, der Schock. Ihre Eltern entschieden, in die Heimatstadt Lissabon zurückzukehren. „Anfangs wurden wir in Portugal nicht von jedem mit offenen Armen empfangen. Wir waren ehemalige ‚Emigranten‘, und das ließ man uns spüren“, erinnert sich Paula. In der Schule verlor sie zwei Jahre, ihre kleine Schwester ein Jahr. Beide hatten nie richtig gelernt, Portugiesisch zu schreiben. Langsam lebten sie sich ein, doch viel Zeit blieb ihnen dafür nicht. Nach fünf Jahren traf sie der zweite Schlag: Ihr Vater hatte mit seiner Baufirma und seinem Lastwagenunternehmen nicht den erhofften Erfolg, und so packte die Fa milie wieder die Koffer, um nach Luxemburg zurückzukehren. Fabienne Pirsch Zwischen neuer Heimat und Rückkehr 5 6 Aufgaben: Seite 69 N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C . B u c h n r V e rl a g s | |
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