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Liebe und Sexualität 23 Neugier und Liebe Jugendliche nennen vor allem zwei Motive für ihren ersten Geschlechtsverkehr: Sie wollen endlich selbst dieses Neuland der Sexualität betreten oder eine Liebesbeziehung vertiefen. Beide Motive können zusam menfallen, müssen es aber nicht. „Nun bald mal eigene sexuelle Erfahrungen machen zu wollen“, auch unabhängig da von, ob man verliebt ist – einfach aus Neugierde und weil es vom Alter her ansteht, ist ein Einstellungsund Verhaltensmuster, das wir ebenso bei vielen Jugendlichen gefunden haben wie das Muster zu warten, bis der oder die „Richtige“ kommt, mit dem oder der man längere Zeit zusam men bleiben möchte. Beide Haltungen gibt es sogar in den gleichen Cliquen und sie werden nicht mehr weltanschaulich begründet. Das erste Mal in einer flüchtigen Begegnung zu erleben, einfach weil sich die Gelegenheit ergeben hat, es endlich einmal mit einem „netten Typen“, einem „netten Mädchen“ auszuprobieren, kann eine ebenso gute Ausgangskonstellation für […] den Beginn eines günstigen sexuellen Erfahrungsprozesses sein wie der erste Geschlechtsverkehr innerhalb einer wichtigen Beziehung, der mit großer Bedeutung aufgeladen ist. nach Clemens Dannenbeck/Jutta Stich, S. 58 Sex und Moral Wenn die Leute von „Moral“ und vor allem von „Unmoral“ reden, meinen sie in achtzig Prozent der Fälle – sicher liege ich da noch zu niedrig – etwas, das mit Sex zu tun hat. So glauben einige, dass die Moral sich in erster Linie damit beschäftigt zu beurteilen, was die Leute mit ihren Genitalien anstellen. [...] Sex ist an und für sich nicht „unmoralischer“ als das Essen oder Spazierengehen; natürlich kann sich jemand beim Sex unmoralisch verhalten [...]. Was sich hinter dieser ganzen Entrüstung über die sexuelle „Unmoral“ versteckt, ist nicht mehr und nicht weniger eine der ältesten sozialen Ängste des Menschen: die Angst vor dem Vergnügen. Und weil das sexuelle Vergnügen zu den intensivsten und lebendigsten gehört, die man empfinden kann, sieht es sich daher von so großem Misstrauen und so starken Vorbehalten umgeben. Fernando Savater, S. 111-112, 114 M3 M4 5 10 15 20 5 10 15 5 10 15 20 1 Beschreibe die Probleme der Jugendlichen. Was würdest du den Hilfesuchenden raten? ➜ M1 2 Erläutere die Auffassung von Sexualität, die die Initiative „Wahre Liebe wartet“ vermittelt. ➜ M2 3 Was hältst du von den Ansichten der jungen Baslerin? Schreibe einen Leserbrief an die Neue Zürcher Zeitung. ➜ M2 4 Jugendforscher fanden drei Einstellungen zu sexuellen Erfahrungen bei Jugendlichen: Neugier, Liebe und Warten auf den Richtigen. Setze dich mit den möglichen Motiven und Folgen der jeweiligen Einstellung auseinander. Gibt es deiner Meinung nach Unterschiede in der Einstellung bei Jungs und Mädchen? ➜ M3 5 Diskutiert, welche Rolle die Religion bei der Sexualität und speziell beim ersten Mal spielt. ➜ M3 6 Formuliere Regeln für eine „vernünftige“ Sexualmoral. ➜ M4/M5 Glossar: Aufklärung, Initiative, Jean-Jacques Rousseau, Sexualethik „Vernünftige“ Sexualethik? Seit dem Beginn der Aufklärung in Europa ist vielen Menschen bewusst geworden, dass unsere gesellschaftliche Sexualethik kein unveränderliches Ordnungsgefüge ist, sondern dass das Moralsystem einer Gesellschaft immer gesellschaftlich bedingt und damit historisch veränderbar ist. [...] Man könnte nun einen zweiten, weitergehenden Ge sell schaftsvertrag fordern: Nicht nur die Staatsform sollte von den Bürgern in einem fiktiven Vertrag be stimmt werden, sondern auch, welche (Sexual) mo ral in ihrer Gesellschaft gelten solle. Ausschlaggebend dafür sollen nicht mehr Überlieferung und Tradition sein, sondern einzig und allein die Vernunft. Rousseaus berühmter Satz „Der Mensch wird frei ge boren, und überall ist er in Ketten“ trifft heute nicht mehr auf das politische Gebiet zu, wohl aber auf das sexu elle. In diesem Fall ist das die Freiheit von überkommenen und schädlichen scheinmoralischen Ge bo ten. Die Vernunft allein kann die Legitimation der Neuen Sexualmoral sein [...]. [...] Jede Gesellschaft muss ihre sexuellen Wertvorstellungen von Zeit zu Zeit im Licht der Erfahrung und neuer Erkenntnisse über prüfen. Jörg Tremmel, S. 221, 225 M5 A u fg a b e n Nu zu P rü fzw ec ke n Ei en tu m d es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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