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Arabische Nachbarn – „Arabischer Frühling“ 157 M1 Wohin treibt der „Arabische Frühling“ ? Der Politikwissenschaftler Georges Khalil beurteilt auf einem Kongress die Bedeutung der Ereignisse in der arabischen Welt: Die Euphorie, die durch die Aufstände und Revolutionen seit Dezember 2010 ausgelöst wurde, ist bei vielen Beobachtern und Bürgern arabischer Länder einer Ernüchterung gewichen. Die arabische Welt befindet sich in einem revolutionären Prozess, der viele Opfer gekostet hat und den Menschen in der Region in den nächsten Jahren noch viel abverlangen wird. „Das Volk will den Sturz des Regimes“ war der Slogan, mit dem die Menschen in den arabischen Ländern für staatsbürgerliche Rechte, Demokratie, Freiheit, Würde und soziale Gerechtigkeit auf die Plätze und Straßen ihrer Städte gezogen sind. Außer bislang vier Despoten haben die arabischen Bürger auch Praktiken, Vorstellungen und Konzepte zu Fall gebracht, mit denen sie die letzten Jahrzehnte regiert wurden. Die Revolutionen haben die Sicht der Araber auf sich selbst und auf die Region grundlegend verändert. Die Region ist wieder „arabischer“ geworden und weniger „islamisch“. Die neue arabische Welt unterscheidet sich von den Vorstellungen panarabischer Ideologen und anderer Vereinfacher, indem sie so differenziert wahrgenommen wird, wie sie ist: tunesisch, ägyptisch, libysch, syrisch usw. Nationalstaaten erscheinen als wesentlicher Bezugsrahmen der Politik, innerhalb derer um staatsbürgerliche Emanzipation, soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt gerungen wird. Für die arabischen Staaten mit republikanischer Tradition, wie Tunesien, Ägypten, Syrien oder den Jemen ist das Modell der autoritären Herrschaft durch Militärs gefallen. Das Argument der Stabilität und die Warnung vor dem Islamismus bildete über drei Jahrzehnte die Legitimation der Despotie. Gleichzeitig war die autoritäre Herrschaft die Voraussetzung für das Florieren islamistischer Bewegungen. Die Revolutionen haben die Herrschaft des Sicherheitsapparats, der Angst und auch die politische Lethargie beendet. Das Bewusstsein für den Wert des öffentlichen Raums ist erneuert worden. Von der überwältigenden Erfahrung der persönlichen Teilhabe an einem größeren Geschehen wurde eine neue Generation geprägt, von der seit Dezember 2010 Tausende für Demokratie, Menschenwürde, Freiheit und soziale Gerechtigkeit gestorben sind, nicht für Religion, Partei oder Vaterland. Nach: Georges Khalil, Wohin treibt der „Arabische Frühling“? Vortrag in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, 4. März 2013, Veranstalter: Geisteswissenschaften im Dialog (Abstract, gekürzt) 1. Arbeiten Sie heraus, worin Khalil die besondere Bedeutung der Revolutionen im arabischen Raum sieht. 2. Der Autor zeichnet ein optimistisches Bild der arabischen Revolutionen. Antworten Sie ihm aus der Perspektive der Ereignisse in Ägypten und Syrien seit 2011. M2 Das Paradoxon der Ägyptischen Revolution Der Blogger Erling Plaethe bewertet den Militärputsch 2013: Mohammed Mursi wurde zum Präsidenten Ägyptens gewählt und betrieb eine Politik im Sinne der Muslimbrüder, deren Freiheitsund Gerechtigkeitspartei er vorsaß und die die Wahlen überlegen gewonnen hatte. Was nun in Ägypten geschah, ist recht außergewöhnlich: Genau die politischen Kräfte, welche sich gegen die Militärdiktatur wandten und eine Revolution begannen, riefen diese Militärdiktatur um Hilfe, nachdem sie die Wahl verloren hatten und sahen, dass Mursi vor allem ein Präsident der Muslimbrüder war. Und, was erschwerend hinzukommt, dass Mursi dringend nötige wirtschaftliche Reformen durchsetzen wollte, letztlich aber daran scheiterte, z. B. bei der Privatisierung von Staatsfirmen. Allerdings war Mursi auch mehr damit beschäftigt, Muslimbrüder in wichtige Positionen zu hieven. Das alles sagt viel über die Fähigkeit Ägyptens aus, demokratische Strukturen zu etablieren. Wirtschaftliche Reformen scheinen undurchführbar zu sein. Ihr Scheitern geht konform mit einer Staatsgläubigkeit, die in der Heroisierung des Militärs zum Ausdruck kommt. Diese wiederum gipfelt nun in der unbedingten Unterstützung des Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Muslimbrüder, egal wie mörderisch dies auch sein mag. Auf der Agenda der Revolution standen demokratische Freiheiten. Aber eine Demokratisierung der Gesellschaft löst nicht ein einziges wirtschaftliches Problem. Um überhaupt politische Freiheit auf Dauer etablieren zu können, ist die Gewährung wirtschaftlicher Freiheit unumgänglich. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Die tiefere Ursache für die entfesselte Gewalt besteht daher im wirtschaftlichen Reformdruck, welcher auf diesem Land lastet. Sie liegt im Scheitern der planwirtschaftlichen Subventionswirtschaft, mit der das Militär seit jeher seine wirtschaftliche Macht abzusichern sucht. Was dem Land fehlt, ist wirtschaftliche Freiheit und keine Revolution. Nach: Erling Plaethe, Das Paradoxon der Ägyptischen Revolution. Zettels Raum (zettelsraum.blogspot.de), 17. August 2013 (stark gekürzt) 1. Erläutern Sie, worin das Paradoxon der ägyptischen Revolution liegt und was der Blogger dagegen empfiehlt. 2. Nehmen Sie Stellung zu den Thesen in Z. 24 f. und 33 f. 3. Schreiben Sie den Darstellungstext bis heute fort. 5 10 15 20 25 30 35 5 10 15 20 25 30 N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
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