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Vernunft und Kritik Seit Ende des 17. Jahrhunderts regte sich, zuerst in Westeuropa, Kritik am Absolutismus. Die Ideen dazu lieferte die Bewegung der Aufklärung. Ihre Vertreter, so auch der Gelehrte Immanuel Kant (u M3), forderten, die Bedingungen in Staat und Gesellschaft mithilfe von Vernunft (ratio) kritisch zu prüfen und wo nötig zu reformieren. Die wachsende Schicht der gebildeten Bürger hatte bis dahin politisch kaum Einfluss besessen. Jetzt erlangte sie im Zuge der Aufklärung die öffentliche Meinungsführerschaft und stellte zuletzt sogar die unumschränkte Gewalt des Herrschers infrage. Der Glaube an die Vernunft, der Rationalismus, hatte sich seit dem Zeitalter der Renaissance (15./16. Jahrhundert) vor allem durch den Fortschritt der Naturwissenschaften mehr und mehr durchgesetzt. Wissenschaftler erkannten, dass man Naturphänomene vorurteilsfrei sehen, beobachten und messen muss, ohne auf vorgefertigte Meinungen zurückzugreifen. So wurde die Methode des Experiments maßgeblich (empirische Wissenschaft). Für den Rationalismus sollte nur das Beweisbare als Grundlage der Weltdeutung dienen. Kritik und Distanz zu überlieferten Lehrmeinungen wurden Bestandteil wissenschaftlichen Vorgehens. Wichtige Vertreter dieses neuen und revolutionären Denkens waren z. B. der Astronom und Mathematiker Nikolaus Kopernikus (1473 1543), der italienische Mathematiker, Physiker und Astronom Galileo Galilei (1564 1642) und der englische Naturforscher Isaac Newton (1643 1727). Philosophie und Staatstheorie der Aufklärung Die Aufklärung kritisierte auch die bisher geltende religiöse Legitimation des Staates. Staatliche Herrschaft sollte durch das Volk legitimiert sein. Schon Thomas Hobbes hatte hierzu das Prinzip des Gesellschaftsvertrages formuliert. Einen wichtigen Schritt in Richtung politischer Aufklärung unternahm der Engländer John Locke. Er definierte die Menschen als von Natur aus frei, gleich und unabhängig. Ließe man aber diese Freiheit gewähren, dann würde sie gesetzlose, chaotische Zustände herbeiführen. Eine vernünftige Lösung bestünde darin, diesen Naturzustand zugunsten der persönlichen Sicherheit und des Eigentums aufzuheben und einen Gesellschaftsvertrag zu schließen, durch den geordnete und friedliche Verhältnisse garantiert würden. Während aber die älteren Theoretiker eine uneingeschränkte Macht des Souveräns forderten, sah Locke hierin die Gefahr der Tyrannei gegeben. Die vom Volk übertragene Gewalt müsse also, um Missbrauch vorzubeugen, in Legislative und Exekutive getrennt werden. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt seien, stünde den Untertanen ein Recht auf Widerstand gegen die Regierenden zu (u M4). i „Aufklärung.“ Kupferstich von Daniel Chodowiecki (1726 1801), 1791. p Deuten Sie die Bildsprache des Stiches. Erklären Sie, warum Chodowiecki die Sonne als Symbol der Vernunft sah. Immanuel Kant (1724 1804): bedeutendster deutscher Philosoph der Aufklärung. Sein Hauptwerk „Kritik der reinen Vernunft“ (1781) gilt als Beginn der modernen Philosophie. In „Was ist Aufklärung?“ (1784) liefert er eine Definition dieser Geistesbewegung. John Locke (1632 1704): englischer Philosoph und Staatstheoretiker; beeinflusste mit seinem Hauptwerk „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ (1690) viele Verfassungen liberaler Staaten im 18. und 19. Jh. maßgeblich Frühe Neuzeit: Neue Menschenund Weltbilder 31 N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C . B c h n e r V e rl a g s | |
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