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Wirtschaft des Kolonialismus 85 • Effektivere Verkehrsmittel: Schon in der Frühneuzeit wurde die Kapazität der Schiffe ständig vergrößert. Segelschiffe mussten noch erhebliche Umwege und saisonale Unterbrechungen in Kauf nehmen. Das seit etwa 1840 eingesetzte Dampfschiff erlaubte ganzjährigen Verkehr auf direkter Route und minimierte die Frachtkosten. Mit Eisenbahnlinien wurden die Kolonien noch gründlicher erschlossen. Die Technologie blieb ganz unter Kontrolle der Kolonialmächte. • Neue Kommunikation: Tiefseekabel und Telegrafenlinien von Europa nach Amerika und Asien ermöglichten erstmals globale Kommunikation. Die neuen Möglichkeiten intensivierten die Kolonialherrschaft, weil in Europa schneller auf Ereignisse reagiert und damit stärker Einfluss auf die Kolonien genommen werden konnte. • Medizinischer Fortschritt: Vorbeugende Impfstoffe und Medikamente gegen tropische Krankheiten machten es möglich, zuvor unzugängliche Gegenden zu betreten und sich dort auf Dauer niederzulassen. • Waffentechnische Überlegenheit: Stahlgeschütze und modern ausgestattete Kriegsschiffe machten die Kriegsführung effektiver. Am Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichten neue Handfeuerwaffen, Feldartillerie und Maschinengewehre, oftmals wesentlich größere einheimische Armeen vernichtend zu schlagen. Vom Handel zur Herrschaft: das Beispiel Indien Anfangs war die East India Company nur eine der an den Küsten stationierten europäischen Handelsgesellschaften, deren Tätigkeit sich auf Abkommen mit dem über Indien herrschenden Mogulkaiser stützte. Als im 18. Jahrhundert die Moguldynastie zerfiel, ging die East India Company dazu über, mit einer eigenen, aus indischen Soldaten bestehenden Armee Territorien zu erobern. Nach 1757 setzte sie sich im reichen Nordosten Indiens erstmals als Kolonialmacht durch. Durch die Eroberungspolitik ehrgeiziger Gouverneure dehnte sich der Einfluss der Company aus, bis 1818 weite Teile des Landes unter ihrer Herrschaft standen; die verbliebenen Fürstenstaaten wurden durch Verträge der britischen Kontrolle unterworfen oder kurzerhand annektiert. Gleichzeitig gelang es den Briten, andere Kolonialmächte – allen voran Frankreich – zurückzudrängen oder auszuschalten. Britisch-Indien war nicht nur die größte und bevölkerungsreichste Kolonie, sondern auch ein reiches und militärisch bedeutendes Land. Großbritanniens wollte die wichtigste Stütze seiner Weltmachtstellung mit allen Mitteln sichern und erhalten. Die Briten richteten die Ökonomie Indiens einseitig auf die Bedürfnisse ihrer wachsenden Industrie aus: Rohstoffe wurden exportiert, im eigenen Land industriell verarbeitet und der indische Markt mit britischen Fertigwaren überschwemmt. Die Umstellung der Landwirtschaft von Grundnahrungsmitteln auf Exportprodukte erhöhte die Anfälligkeit für Hungersnöte. Die erwirtschafteten Überschüsse kamen nicht Indien, sondern lediglich den Kolonialherren zugute („drain of wealth“)(u M3). Dadurch wuchs die Unruhe im Land. Sie entlud sich 1857 in einem Aufstand, der von den Briten blutig niedergeschlagen wurde. Der Aufstand hatte jedoch eine Wende der britischen Indienpolitik zur Folge: Die East India Company verlor ihre Herrschaftsbefugnisse über Indien, die nun an die britische Krone übergingen. Der machtlose Mogulkaiser wurde auch formell abgesetzt. Königin Viktoria ließ sich 1877 zur Kaiserin von Indien krönen. Ihr Versprechen, die indischen Untertanen stärker an der Verwaltung des Landes zu beteiligen, wurde jedoch nicht eingelöst. In den folgenden Jahrzehnten entstanden zahlreiche Vereinigungen, die für mehr politische Mitsprache eintraten. Die einflussreichste unter ihnen war der 1885 gegründete Indian National Congress (INC), der das Land an der Spitze der indischen Nationalbewegung schließlich 1947 in die Unabhängigkeit führte. i Der Westen im Osten. Indische Miniatur, um 1760. Ein Beamter der East India Company sitzt auf der Terrasse und raucht in der Pose eines Mogulfürsten eine Wasserpfeife. i Forschung und Herrschaft. Stich nach einem Foto, 1878. Britische und portugiesische Expeditionsreisende posieren mit einer Landkarte von Afrika. Die Erkundung des Kontinents ging mit seiner Besitznahme einher. n Weiterforschen: Auch das Deutsche Reich besaß Kolonien. Informieren Sie Ihre Mitschüler über Aspekte der deutschen Kolonialgeschichte (Länder, Personen, Erwerbung, Ausnutzung, Konflikte, Verlust, Aufarbeitung). N u r z P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
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