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Das Prinzip der Nützlichkeit 99 Das Hedonistische Kalkül Wenn man einen Menschen für sich betrachtet, so ist für ihn der Wert einer Freude oder eines Leids gemäß den folgenden Umständen größer oder geringer: a) der Intensität, b) der Dauer, c) der Gewissheit oder Ungewissheit, d) der Nähe oder Ferne einer Freude oder eines Leids, e) der Folgenträchtigkeit, f) der Reinheit der Freude oder des Leids. Für eine Anzahl von Personen kommt für die Berechnung noch ein weiterer Umstand hinzu: g) das Ausmaß (das heißt die Anzahl der Personen, die davon betroffen sind). Wenn man also die allgemeine Tendenz einer Handlung, durch die die Interessen einer Gemeinschaft betroffen sind, bestimmen will, verfahre man so: 1. Man beginne mit einer der Personen, deren Interessen am unmittelbarsten durch eine derartige Handlung betroffen zu sein scheinen, und bestimme den Wert jeder erkennbaren Freude und jeden erkennbaren Leids, die die Handlung hervorgebracht hat. 2. Man addiere die Werte aller Freuden auf der einen und die aller Leiden auf der anderen Seite. Wenn die Seite der Freude überwiegt, ist die Tendenz der Handlung im Hinblick auf die Interessen der einzelnen Person insgesamt gut; überwiegt die Seite des Leids, ist ihre Tendenz insgesamt schlecht. 3. Man bestimme die Anzahl der Personen, deren In teressen anscheinend betroffen sind, und wiederhole dieses Verfahren im Hinblick auf jeden von ihnen. 4. Man addiere die Zahlen, die den Grad der guten Tendenz ausdrücken, die die Handlung hat, das Gleiche tue man für die Handlungen, die eine schlechte Tendenz zeigen. 5. Man ziehe die Bilanz: Befindet sich das Übergewicht auf der Seite der Freude, so ergibt sich daraus für die betroffene Gesamtzahl oder Ge meinschaft von Individuen eine allgemeine gute Tendenz der Handlung; befindet es sich auf der Seite des Leids, ergibt sich daraus für die gleiche Gemeinschaft eine allgemein schlechte Tendenz. nach Jeremy Bentham, S. 79-81 M3 5 10 15 20 25 30 35 40 1 Überschlage den Nutzen beim Kauf eines Sportwagens für die verschiedenen Familienmitglieder und fälle auf dieser Grundlage eine Entscheidung. ➜ M1 2 Gestaltet Benthams Text in ein Interview um, indem ihr zu den einzelnen Abschnitten geeignete Fragen formuliert und die Antworten paraphrasiert. ➜ M2 3 Erläutere, was unter der einer Handlung „innewohnende[n] Tendenz“ zu verstehen ist. ➜ M2 4 Nimm Stellung zur der Behauptung Benthams, das Prinzip der Nützlichkeit könne und müsse nicht weiter begründet werden. ➜ M2 5 Wendet in Gruppenarbeit das Hedonistische Kalkül Benthams auf den Kauf des Sportwagens an. Verwendet dabei eine Punkteskala von -5 (großes Leid) bis +5 (große Freude). ➜ M1/M3 6 Arbeitet heraus, welche Schwierigkeiten sich bei der Anwendung des Hedonistischen Kalküls ergeben. ➜ M1/M3 7 Diskutiert die Probleme des Hedonistischen Kalküls an Fallbeispielen. ➜ M4 Glossar: pragmatisch Fragen zum Glückskalkül 1. Wie soll der Umfang der Betroffenen einer Ent schei dung genau bestimmt werden? 2. Inwiefern ist Lust und Leid eines Menschen überhaupt objektiv bestimmbar? 3. Kann das Glückserleben eines Menschen ge messen und in Lustund Unlustwerten quantifiziert werden? 4. Sind die Intensitäten von Glückserlebnissen eines Individuums (etwa in verschiedenen Si tuationen oder zu verschiedenen Zeitpunkten) miteinander vergleichbar? 5. Ist es möglich, die Intensität des Glückserlebens verschiedener Individuen miteinander zu vergleichen? 6. Sollen alle Lüste, auch asoziale, destruktive oder gar sadistische, gleichermaßen berück sich tigt werden? 7. Überwiegt die Lust vieler Betroffener grundsätzlich das unermessliche Leid weniger? Ulrich Plessner, S. 69 M4 A u fg a b e n Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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