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135 schen von seinem von Natur aus guten Handeln? Sitten und Gebote sind Verfallserscheinungen? Darüber muss ich aber noch eine Weile nachdenken und mich mit einigen Leuten austauschen. Viele Worte – manch Verlust. Am besten, man bewahrt sie in der Brust! […] Rede selten nur – so will es die Natur. Ich finde, das ist ein gutes Schlusswort. Ich bin sowieso an die Grenzen dessen gestoßen, was ich verstehen kann. Laotse, ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Unterstützung und vor allem dafür, dass Sie versucht haben, Worte für etwas zu finden, über das man ja eigentlich gar nicht reden kann. Wu-wei – Es geschehen lassen Fragt man einen Taoisten nach der obersten Regel für das Handeln, würde er antworten: wu-wei. Das heißt in wörtlicher Übersetzung nicht handeln, nicht eingreifen. Damit ist aber nicht gemeint, dass man träge und faul sein soll, sondern dass man etwas geschehen lassen soll. Die volle Bedeutung von wu-wei ist erst im Zusammenhang mit dem Tao, dem Urprinzip des Taoismus, zu verstehen. Tao wird oft mit Weg, Lauf oder Prozess der Natur über setzt; es ist nicht definierbar, nicht mit Worten erklärbar. Aufgabe eines jeden Menschen ist es, in Über einstimmung mit dem Tao zu gelangen, d. h. dem vorgezeichneten Lauf der Natur zu folgen. Das Mittel dazu ist wu-wei: Man soll also das, was von sich her geschieht, geschehen lassen und sich nicht – etwa aufgrund individueller Wünsche – dagegen wehren. Dieses Gebot kann man ganz gut durch die Parabel von der Pinie und der Weide im Schnee anschaulich machen: Der Ast der Pinie ist starr, er stemmt sich gegen das Ge wicht des Schnees an und zerbricht schließlich, wenn die Last des Schnees zu groß wird. Die Äste der Weide dagegen sind elastisch; sie geben der Last des Schnees nach, bis dieser von ihnen abgleitet. Wu-wei ist mithin die Lebensweise eines Menschen, der sich nicht an strengt und nur ein Minimum an Energie aufwendet, der sich vom Fluss der Dinge treiben lässt und eben dadurch zu einem Leben im Tao gelangt. nach Alan Watts, S. 74, 116f. M3 50 55 5 10 15 20 25 1 Tauscht euch darüber aus, wie ihr den Refrain des Beatles-Songs Let it be versteht. ➜ M1 2 Prüft, worauf Laotse wohl mit seiner Bemerkung hinauswill. ➜ M2 3 Sprecht über die Lehre Laotses und schreibt auf, was ihr davon verstanden habt und welche Fragen ihr noch habt. ➜ M2 4 Stelle dar, wie Alan Watts wu-wei und Tao erklärt. ➜ M3 Glossar: Exorzismus, Tugend A u fg a b e n Lass es geschehen! Taoismus Der Begriff Taoismus oder auch Daoismus bezeichnet eine philosophische Lehre und Religion in China. Der philosophische Taoismus ist eine im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. entstandene Richtung der chinesischen Philosophie, deren klassische Bücher […] vom Tao (Dao) und De (dem Wirken des Tao bzw. Dao in der Welt) handeln. Der religiöse Taoismus, eine weit in vorchristliche Zeit zurückreichende Religionsform mit Göttern und Geistern, Exorzismus und Wahrsagerei, besaß spätestens seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. feste Kultformen, Gemeinden und Mönchswesen, oft in Wettbewerb mit dem gleichzeitig aufkommenden Buddhismus. […] Laotse (chinesisch: alter Meister) ist ein nur legendenhaft fassbarer chinesischer Philosoph (4.-3. Jahrhundert v. Chr.?) und Begründer des philosophischen Taoismus. Zugeschrieben wird ihm das Taoteking (auch: Tao-tê-ching oder Daodejing) […]; es besteht aus 81 kurzen, zum Teil gereimten Abschnitten, aphoristisch aneinandergereiht, in denen gedankliche Tiefe mit sprachlicher Einfachheit verbunden ist […]. Zhuangzi (auch: Chuang-tzu, Tschuang-tse) ist ein chinesischer Philosoph und Dichter. Er lebte in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. und gilt als Kritiker des Konfuzianismus […]. Sein Werk Das wahre Buch vom südlichen Blütenland stellt in reicher poetischer Sprache mit plastischen Bildern und Gleichnissen die Seinsund Sittenlehre des frühen philosophischen Taoismus dar. nach Der Brockhaus Religionen, S. 471 IN F O Nu r z u Pr üf zw ck n Ei g nt um es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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