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265Wirtschaft und Gesellschaft im 19. Jahrhundert 1 „Der Streik.“ Ölgemälde (181 x 275 cm) von Robert Koehler, vor 1886. Im Streik sahen viele Arbeiter die letzte Möglichkeit, ihre Forderungen gegenüber den Unternehmern durchzusetzen. ó Beschreibe die Haltung der Männer und Frauen auf dem Bild. Welche Einstellungen werden deutlich? Interessen gemeinsam vertreten Um ihre Lebensund Arbeitsbedingungen zu verbessern, schlossen sich Fabrikarbeiter schon früh in Arbeiterbildungsund Unterstützungsvereinen zusammen. Verarmte Tagelöhner und Hilfsarbeiter gehörten selten dazu. Am Beginn der politischen Arbeiterbewegung standen kleine Gesellenund Handwerkervereinigungen, die wegen der Vereinsund Versammlungsverbote in den deutschen Ländern nach 1830 in der Schweiz, in Frankreich, Belgien und Großbritannien aktiv waren. Erst mit der demokratischen Bewegung von 1848 entstand die Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderung. Sie wollte ein allgemeines, gleiches Wahlrecht und bessere Arbeitsbedingungen durch direkte Verhandlungen mit den Unternehmern. Unter der Führung des Schriftsetzers Stephan Born schlossen sich bis 1850 etwa 170 Ortsgruppen mit rund 18 000 Mitgliedern zusammen. 1854 wurde die Arbeiterverbrüderung verboten. Erst in den 1860er-Jahren förderten Liberale, Demokraten und Kirchenvertreter die Arbeitervereine. Nach britischem Vorbild entstanden einzelne Berufsverbände der Drucker, Zigarrenarbeiter oder der Metall-, Holzund Bergarbeiter. Sie forderten gerechte Löhne, den Zehnstunden-Arbeitstag und Versicherungsschutz bei Krankheit, Unfall und Arbeitslosigkeit. Daraus entstanden die Gewerkschaften. Sie arbeiteten mit politischen Gruppen zusammen und bildeten Ende der 1860er-Jahre überregionale Verbände. Dazu gehörten die christlich-sozialen Vereine, die in den 1894 gegründeten christlichen Gewerkschaften aufgingen, und die sozialistischen Gewerkschaften, die den gemeinsamen Besitz der Produktionsmittel (Fabriken) und eine gerechte Verteilung der Güter und Gewinne an alle Mitglieder der Gesellschaft forderten (Sozialismus). „Proletarier aller Länder …“ Unter dem Eindruck der scheinbar ausweglosen Verhältnisse der Arbeiter veröffentlichten Karl Marx und Friedrich Engels 1848 das „Kommunistische Manifest“. In ihm beschrieben sie die „Geschichte aller bisherigen Gesellschaften“ als eine „Geschichte von Klassenkämpfen“. Immer habe sich die Klasse der „Ausgebeuteten“ gegen die Klasse der „Ausbeuter“ aufgelehnt. Einen solchen „Klassenkampf“ zwischen der Bourgeoisie, den Eigentümern von Fabriken und Kapital, und dem Proletariat, der besitzlosen Masse der Arbeiter, sahen Marx und Engels in vollem Gang. Er müsse zu einer Revolution führen. Beide waren überzeugt, dass nach dem geschichtlich vorbestimmten Sieg des Proleta riats über die Bourgeoisie ein gesellschaftlicher Zustand beginne, in dem es keine Ausbeutung mehr gebe und Frieden und Gerechtigkeit herrschten: der Kommunismus. Um im richtigen Moment die Macht übernehmen zu können, sollte sich die Arbeiterschaft international organisieren. 1864 schlossen sich in London Arbeiter aus 13 europäischen Staaten und den USA zur Internationalen ArbeiterAssoziation (IAA) zusammen. Ihr Ziel war „die Vernichtung aller Klassenherrschaft“ und die „Emanzipation* der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst“. Die Arbeiter helfen sich selbst * Emanzipation: hier: die Befreiung aus gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten und der Gewinn von Selbst ständigkeit 4492_1_1_2013_250_267.indd 265 28.02.13 15:10 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei g nt um d e C .C .B uc hn er V er la gs | |
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