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47Geschichte erzählt „Nun erzähl doch endlich weiter, und lass’ dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!“ Gerberga platzte fast vor Neugierde. „Wie war das nun mit der Kaiserkrönung?“ Gisbert war todmüde von der langen Reise und froh, nach Monaten wieder zu Hause in seiner Pfalz zu sein. Er hasste es, schon auf der Türschwelle mit Fragen überfallen zu werden. Aber er wuss te, dass seine Frau keine Ruhe geben würde, bis er jede Einzelheit erzählt hatte. „Na gut“, setzte er missmutig an. „Wir waren schon mehrere Wochen in Rom. König Karl hatte alle Hände voll zu tun, um Ordnung zu schaffen. Schließlich war er ja gekommen, um Papst Leo zu seinem Recht zu verhelfen. Die Feinde des Papstes hörten nicht auf, ihn zu verleumden. Das waren dieselben, die ihn ein Jahr zuvor so brutal misshandelt hatten und vor denen er nur mit knapper Not zu König Karl ins Frankenreich hatte fl üchten können. Doch der Papst konnte alle Vorwürfe entkräften. So ließ unser König Karl die Übeltäter gerecht bestrafen, indem …“ „Du weißt, dass mich das Gezänk der hohen Herren nicht interessiert“, unterbrach ihn Gerberga. „Ich will etwas von der Kaiserkrönung hören!“ „Ja ja“, seufzte Gisbert. „Also: Am Weih nachtstag besuchte König Karl mit seinem Gefolge den Gottes dienst in der Kirche des heiligen Petrus. Ich befand mich am Ende des Zuges. Voran schritt der König, nach ihm kamen die hohen adligen Herren und die Pries ter der Hofkapelle. In der Kirche konnte ich alles zwar nur von ferne, aber doch ziemlich genau sehen. König Karl hatte seinen Platz vor dem Grab des Apostelfürsten Petrus. Zunächst verlief der Gottesdienst so, wie wir es bei uns in der Pfalzkapelle kennen, nur feierlicher und mit noch mehr Pracht. Doch als sich König Karl erhob, um die Kommunion zu empfangen, geschah etwas, womit niemand von uns gerechnet hatte: Papst Leo setzte ihm ein goldenes Diadem auf. Die Priester an seiner Seite riefen mit ihm laut: ,Leben und Sieg dem erhabenen Karl, dem von Gott gekrönten, großen und Frieden bringenden Kaiser der Römer!‘ Ich konnte erst nichts verstehen, denn ich kann ja kein Latein. Aber die Übersetzung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Schon bald erfüllte der allgemeine Huldigungsruf für Kaiser Karl den Raum – bunt gemischt in Latein und in unserer Sprache.“ Dieter Brückner Eine Kaiserkrone für Karl 4492_1_1_2013_046_081.indd 47 28.02.13 14:57 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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