Volltext anzeigen | |
Lerntipp 77 1. Erstelle einen tabellarischen Lebenslauf Kaiser Friedrichs II. und begründe, warum die Deutsche Post die Briefmarke (M 1) veröffentlichte. 2. Vergleiche die Urteile über Kaiser Friedrich II. Was hoben die Biografen im Mittelalter hervor, was betonen Historiker heute (M 2, M 3 und M 4)? Versuche, die Unterschiede zu erklären. M 2 Mittelalterliche Zeugnisse Der Mönch Salimbene da Parma schreibt Ende des 13. Jh.: Friedrich II. war ein durchtriebener Mann, arglistig, ausschweifend, boshaft und jähzornig. Gelegenlich aber zeigte er auch tüchtige Eigenschaften, wenn er willens war, seine Güte und Frei gebig keit zu beweisen; dann war er freundlich, fröhlich, voll Anmut und edlen Strebens. […] Und – um es kurz zu machen – wäre er ein guter Katholik gewesen und hätte Gott, die Kirche und seine eigene Seele geliebt, so hätte er wenige seinesgleichen unter den Herr schern der Welt gehabt. Ricobald von Ferrara meint in seiner um 1300 verfass ten Kaisergeschichte: Friedrich war nicht groß, von gedrungenem Körperbau, leicht rötlichem Haar, übermenschlich klug, sehr gebildet und sprachenkundig, ein erfahrener Fachmann in allen mechanischen Küns ten, mit denen er sich gern beschäftigte. Am meisten erfreute er sich an der Falkenjagd. […] Beleidigern gegenüber zeigte er wenig Milde; gütig aber war er zu seinen geliebten Freunden, von denen er sehr oft erfuhr, dass sie treulos gegen ihn waren. Erster Text aus: Herbert Nette, Friedrich II. von Hohenstaufen, Reinbek bei Hamburg 132003, S. 147. Zweiter Text: Klaus van Eickels/Tania Brüsch, Kaiser Friedrich II. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters, Düsseldorf 2000, S. 441 f. Wie Historiker über Friedrich II. urteilen Herrscher wie Friedrich II. beschäftigen die Geschichtsschreiber (Historiker) bis in die Gegenwart. Kein Zeitgenosse hat über den Stauferkaiser eine Lebensbeschreibung verfasst. Alle Biografen beurteilen diesen Herrscher seit dem Mittelalter bis in unsere Zeit unterschiedlich. Auch Bewertungen eines Historikers darf man daher nicht ungeprüft übernehmen. Du solltest dich jeweils über den Verfasser informieren und zu einer wichtigen Frage in mehreren Büchern nachlesen. Oft setzen sich neue Bücher mit den Ergebnissen und Urteilen früher erschienener Werke kritisch auseinander. M 3 Ein Biograf wägt ab Der an der Universität Cambridge lehrende Historiker David Abulafi a schreibt um 1991: Man sollte die Herrscherqualitäten Fried richs nicht unterschätzen, aber er war ganz bestimmt nicht der unversöhnliche Gegner des Papsttums, als der er gewöhnlich hingestellt wird. Er legte vielmehr eine aufrichtige, manchmal erstaunliche Kompro miss be reit schaft* an den Tag und war sein ganzes Leben lang ein überzeugter An hänger der Kreuzzugsbewegung. Zwar gab es in seiner Regierungspraxis manches, das ihn von seinen Thronnachbarn in Frankreich und Spanien unterschied: eine straffer zentralisierte** Verwaltung in Sizilien (freilich nicht von ihm geschaffen), ein extrem dezentrales*** Re gie rungs system in Deutsch land. In beiden Fällen aber ging er von dem aus, was er vorfand, stellte es in seiner gleichsam klassischen, ursprünglichen Form wieder her und übernahm dann die Rolle eines soliden Konservativen****: Und nichts anderes war er, denn sein Denken enthielt nur sehr wenige Elemente, die man als radikal bezeichnen könnte. David Abulafi a, Herrscher zwischen den Kulturen. Friedrich II. von Hohenstaufen, Berlin 1991, S. 397 * Kompromiss: Übereinkunft durch gegenseitige Zuge ständ nisse ** zentralisieren: von einer zentralen Stelle aus leiten *** dezentralisieren: Gegensatz von zentralisieren **** konservativ: am Bestehenden festhaltend M 4 Was sollte betrachtet werden? Der Historiker Wolfgang Stürner meint um 2000: Seit je übte Friedrich dadurch besondere Faszination aus, dass sich seine Tätigkeit nicht im Staatsmännisch-Politischen erschöpfte, dass er darüber hinaus vielmehr, hochbegabt und erfüllt von einer wenigstens bei mittelalterlichen Regenten kaum sonst zu beobachtenden Vielfalt der Interessen, an den wichtigsten künstlerischen und wissenschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit regen Anteil nahm. […] Friedrichs reiche Begabung und seine vielfältig ausgreifende Aktivität führen dazu, dass uns bei der Betrachtung seines Lebens zugleich die Gesellschaft seiner Zeit mit ihren wesentlichen Eigenheiten in ihrer ganzen Fülle und Buntheit vor Augen tritt, und das macht den besonderen Reiz des Umgangs mit seiner Biografi e aus. Wolfgang Stürner, Friedrich II., Teil 2: Der Kaiser 1220-1250, Darmstadt 2000, S. 594 f. M 1 Kaiser Friedrich II. Briefmarke der Deutschen Post von 1994. 5 10 15 5 10 15 5 10 4492_1_1_2013_046_081.indd 77 28.02.13 14:58 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |