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307Neuordnungen der Welt und Deutschlands Wiederveinigung Russland nach 1990 2 Wladimir Putin. Titelblatt vom November 2003. Der 1952 geborene Putin begann seine Karriere 1975 beim Geheimdienst. Das Amt des Staatspräsidenten der Russischen Föderation übernahm er von 2000 bis 2008. Anschließend war er (wie schon von 1999 bis 2000) vier Jahre Ministerpräsident. Seit 2012 ist er wieder Staatspräsident. Putins Weltmachtanspruch Aus innenpolitischen und wirtschaft lichen Gründen strebte Putin zunächst nach stabilen und langfristigen Beziehungen zu den westeuropäischen Staaten und den USA. Nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001* erklärte er seine Unterstützung im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. 2002 einigte er sich mit den USA über eine Verringerung der Atomwaffen. Gleichzeitig beendete er die alten Rivalitäten mit China, dem weltweit größten Kunden der russischen Rüs tungsindustrie. Inzwischen nutzt das rohstoffreiche Russland die weltweit wachsende Nach frage nach Energie, um seinen Weltmachtanspruch auszubau en. Selbst bewusst kritisierte Putin die amerikanische Außenund Rüstungspolitik. Als die USA in Polen und der Tschechischen Republik Raketenabwehranlagen errichten wollten, drohte er, die Abrüs tungsvereinbarungen zu kündigen und neue Atomwaffen zu entwickeln. Auch die Beziehungen Russlands zur Europäischen Union sind belastet, seit das Europäische Parlament 2006 die Putin-Regierung wegen mangelnder Meinungsfreiheit in Russland kritisiert hatte. * Lies dazu Seite 316. Eine neue Verfassung Russland übernahm in den internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen die Rechtsnachfolge der Sowjetunion und bemüht sich seitdem um die Anerkennung als Großmacht. Im Frühjahr 1993 ließ sich Präsident Boris Jelzin in einer Volksabstimmung seinen wirtschaftsund verfassungspolitischen Kurs bestätigen. Doch seine radikalen Reformen führten im Oktober 1993 zu einem Konfl ikt mit den Kommunisten, die eine Wiederherstellung der Sowjetunion forderten. Jelzin konnte sich nur mit Gewalt durchsetzen. Es folgten Wahlen und eine Neuordnung der Machtverhältnisse zwischen Präsident und Parlament (Duma). Mit knap per Mehrheit (58,4 Prozent) stimmte das Parlament Ende 1993 einer neuen Verfassung zu. Sie erklärt Russland zu einer föderativen, demokrati schen Re pu blik, sichert dem Präsidenten eine starke Stellung gegenüber dem Parlament, garantiert ein Mehr parteiensys tem, schützt das Privateigentum und bekennt sich zu den Menschenrechten. Neue Herausforderungen Nationalistische Bestrebungen verstärkten die Probleme. Gewählte oder selbst ernannte Führer forderten neue Grenzen nach ethnischen Gesichtspunkten. 1992 brachen in Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Tadschikistan Bürgerkriege aus. Im Dezember 1994 begannen russische Truppen, die Unabhängigkeitswünsche der am Rande des Kaukasus lebenden Tschetschenen niederzuschlagen. Angesichts der atomaren Waffen in einigen Nachfolgestaaten der UdSSR bedeuteten diese Konfl ikte eine internationale Gefahr. Nach Jelzin Jelzins Wirtschaftsreformen waren erfolglos. Die Arbeitslosigkeit blieb hoch, die Armut nahm noch zu. Korruption und weiter wachsende Kri minalität vergrößerten die Probleme. Während Jelzin sich mit dem Westen arrangierte und 1997 den Weg für die Erweiterung der NATO nach Osten freigab, konnte er wichtige innenpolitische Reformen nicht durchsetzen. Am Silvestermorgen 2000 übergab der gesundheitlich angeschlagene Präsident sein Amt an Wladimir Putin. Unter Putin erholte sich die wirtschaftliche Lage. Mehr ausländische Investitionen fl ossen ins Land. Russland wurde zweitgrößter Ölförderer der Welt. Doch die großen sozialen Probleme blieben. Der Krieg gegen die abtrünnigen Tschetschenen und der Kampf gegen Terroranschläge prägten Putins autoritäre Innenpolitik. Dabei schränkte er die Presseund Meinungsfreiheit sowie die Wirtschaftsfreiheit ein. 1 Zerstörungen in Grosny. TV-Bild vom 22. Oktober 1999 aus der tschetschenischen Hauptstadt vom russischen Fernseh sender NTV. Der Bürgerkrieg in Tschetsche nien hat zwischen 1994 und 2003 etwa 220 000 zivile Opfer gefordert. Vom 1. Okto ber 1999 bis 15. Dezember 2002 starben nach amt lichen Angaben 4 750 russische Soldaten und Polizisten sowie 14 133 Rebellen. 4493_1_1_2014_272_321_kap6.indd 307 07.04.14 14:19 Nu r z u Pr üf zw ec k n Ei g nt u d es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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