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49Imperialismus und Erster Weltkrieg 1 Titelseite der „New York Times“ vom 11. November 1918. Brot und Frieden Nach der Oktoberrevolution in Russland demonstrierten immer mehr Menschen gegen die schlechten Lebensbedingungen und für Friedensverhandlungen. Zugleich stieg die Zahl der Soldaten, die sich weigerten, sinnlosen Befehlen zu gehorchen. Ende Januar/ Anfang Februar 1918 demonstrierten in Berlin und anderen Industriezentren des Reiches bis zu einer Million Arbeiterinnen und Arbeiter für Brot und Frieden. Es waren die größten Friedensaktionen während des Krieges. Wilsons Friedensprogramm Im Januar 1918 legte US-Präsident Wilson einen 14-PunktePlan für eine neue Weltordnung vor. Er forderte unter anderem öffentliche Friedensverhandlungen, Abschaffung der Geheimdiplomatie, Freiheit der Schifffahrt und des Handels, Rüstungsbegrenzungen, Wiederherstellung Belgiens, Rückgabe Elsass-Lothringens an Frankreich sowie die selbstständige Entwicklung der Völker Österreich-Ungarns und die „Bildung einer Vereinigung der Nationen, die allen Staaten in gleicher Weise Unabhängigkeit und territoriale Unverletzlichkeit garantiert“. Spätes Eingeständnis Die Mittelmächte gingen zunächst auf Wilsons Friedensbemühungen nicht ein. Nachdem im März 1918 Sowjetrussland mit dem Sonderfrieden von Brest-Litowsk aus dem Krieg ausgeschieden war,* glaubte die deutsche Heeresleitung wieder an einen Sieg. Doch die Alliierten hatten mehr Soldaten und eine bessere Ausrüstung. Im Herbst 1918 boten Österreich-Ungarn, Bulgarien und das Osmanische Reich den Alliierten Verhandlungen über einen Waffenstillstand an. Die deutsche Heeresleitung hatte schon im August zugegeben, dass die Alliierten nicht mehr zu besiegen seien. Doch erst Ende September räumte sie die Niederlage ein. Gleichzeitig forderte sie von der Reichsregierung sofortige Waffenstillstandsverhandlungen und eine parlamentarische Regierung. Damit wollten die Militärs die Friedensverhandlungen erleichtern, aber auch die Ver antwortung für die Folgen der Niederlage auf die Politik abwälzen. Mit der Reformforderung kamen sie den Parteien im Reichstag und den Erwartungen Wilsons entgegen. Er hatte deutlich gemacht, nur mit einer vom deutschen Volk getragenen Regierung Friedensverhandlungen führen zu wollen. Verfassungsreform Anfang Oktober wurde eine neue Regierung gebildet. Sie bestand aus Vertretern der SPD, des Zentrums und der liberalen Fortschrittspartei. Ende Oktober leiteten Verfassungsreformen den Übergang von der konstitutionellen zur parlamentarischen Monarchie ein. Der Kaiser verlor an Macht und der Reichskanzler brauchte das Vertrauen des Reichstages. Ohne dessen Zustimmung konnte von nun an weder ein Krieg erklärt noch Frieden geschlossen werden. Waffenstillstand und Kriegsende Die Verfassungsreform hinderte einige Generäle nicht daran, den Krieg auf See weiterzuführen. Das löste Anfang November 1918 im Deutschen Reich eine Revolution aus. Am 8. November wurden die Abdankung des Kaisers und ein Regierungswechsel verkündet. Am selben Tag nannten die Siegermächte den Vertretern der Regierung ihre Waffenstillstandsbedingungen: Die Deutschen sollten die besetzten Gebiete und Elsass-Lothringen räumen, ihre Waffen abgeben und ihre U-Boote ausliefern sowie einer langfris tigen Besetzung des linksrheinischen Gebietes durch alliierte Truppen und einer rechtsrheinischen Sicherheitszone zustimmen. Aus Furcht vor einer deutschen Wiederaufrüstung wollten die Alliierten nicht verhandeln. Von der deutschen Regierung alleingelassen und von der militärischen Führung gedrängt, unterschrieb der Leiter der deutschen Delegation, Staatssekretär Matthias Erzberger (Zentrum), am 11. November 1918 den Waffenstillstand in einem Eisenbahnwagen im Wald von Compiègne bei Paris. Damit ging ein Krieg zu Ende, dessen Ergebnis für Sieger und Besiegte katastrophal war. Etwa 64 Millionen Soldaten hatten die Regierungen mobilisiert, davon waren nach groben Schätzungen über acht Millionen gefallen und über 20 Millionen verwundet worden. Hinzu kamen etwa acht Millionen Kriegsgefangene und Vermisste sowie fast zehn Millionen zivile Kriegstote. Kriegsende * Zum Frieden von Brest-Litowsk siehe Seite 43. 4493_1_1_2014_010_053_kap1.indd 49 07.04.14 13:53 Nu r z u Pr üf zw ec n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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