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79Weimarer Republik 1 „Deutschland und Russland. Ein Anfang.“ Karikatur von Erich Schilling aus dem „ Simplicissimus“ vom 10. Mai 1922. ó Interpretiere die Aussage der Karikatur. Neuanfang in der Außenpolitik Die Weimarer Republik blieb zu nächst international isoliert. Die Siegermächte betrachteten die deutschen Politiker mit Miss trauen, da sie fast alle eine Änderung des Versailler Vertrages anstrebten. Im April 1922 vereinbarte Deutschland mit dem international ebenfalls geächteten Sowjetstaat den Vertrag von Rapallo. Die beiden Staaten beschlossen am Rande einer Weltwirtschaftskonferenz in einem Vorort von Genua die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, gegenseitigen Verzicht auf alle Ersatz leis tungen und Wiedergutmachungen aus dem Krieg sowie Handelsbegünstigungen. Frankreich und Großbritannien sahen darin die Gefahr, dass Deutschland wieder erstarken und eine gewaltsame Änderung der Nachkriegsordnung anstreben könnte. Polen befürchtete, dass Deutschland und Sowjetrussland die Gebiete zurückholen würden, die sie nach dem Krieg hatten abtreten müssen. Stresemanns erste Erfolge Die Siegermächte bezweifelten, ob die Reparationen die Deutschen so schwer belasteten, wie diese behaupteten. Vor allem Frankreich verfolgte eine unnachgiebige Haltung, wie die Besetzung des Ruhrgebietes Anfang 1923 gezeigt hatte. Zudem nahmen die Siegermächte an, die Deutschen wollten mit der Infl ation die Repara tions bedin gungen unterlaufen. Erst nachdem es der deutschen Regierung auf Druck der Alliierten gelungen war, die Währung zu sanieren, bahnte sich ab 1924 ein Wandel der Beziehungen zu den Westmächten an. Gustav Strese mann gewann das Vertrauen des Auslandes. Der Mitbegründer der Deutschen Volkspartei hatte von August bis November 1923 die Re gierung geführt und war danach bis zu seinem Tod 1929 Außenminister. Ziel seiner Ver ständigungs politik war es, Deutschlands internationale Stellung zu verbessern. Sein erster Erfolg wurde der Dawes-Plan. Das Abkommen, das nach dem amerika nischen Vorsitzenden des Sachverständi genausschus s es Charles Dawes benannt wur de, ließ offen, wie lange und bis zu welcher Gesamtsumme Deutschland Zah lungen zu leis ten hatte. Doch es nahm auf die deutsche Zahlungsfähigkeit Rücksicht, indem es die jähr lichen Leistungen auf eine erträgliche Höhe von 1 bis 2,5 Milliarden Goldmark festlegte. Darüber hinaus sah der Dawes-Plan internationale Kredite in Höhe von 800 Millionen Goldmark zur Belebung der deutschen Wirtschaft vor. Wachsende Steuereinnahmen soll ten die Wiedergutmachungszahlungen ermöglichen. Der „Geist von Locarno“ Voraussetzung für den letzten Schritt aus der internationalen Isolierung des Deutschen Reiches war die Verständigung mit Frankreich. Sie wurde mög lich, als die deutsche Seite das französische Sicherheitsbedürfnis anerkannte und in Frankreich eine neue Regierung einen weniger harten Kurs gegenüber dem ehemaligen Feind einschlug. Stresemann und sein franzö si scher Amtskollege Aristide Briand setzten sich zunächst zögernd, dann intensiv für den deutsch-französischen Ausgleich ein. Der Anfang wurde im Oktober 1925 in dem Schweizer Kurort Locarno gemacht. Deutsch land, Frankreich und Belgien garantierten vertraglich, auf eine Veränderung ihrer gemeinsamen Grenzen zu verzichten. Die Rheinprovinz wurde entmilitarisiert und die deutsche Regierung verzichtete für immer auf Elsass-Lothringen. Die Grenzen Deutschlands mit Polen und der Tschechoslowakei sollten nur mit friedlichen Mitteln verändert werden können. Die Außenpolitik 4493_1_1_2014_054_099_kap2.indd 79 07.04.14 13:59 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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