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Zufällig oder geplant? – Anfang und Ende des Lebens 115 Tragt in einem Brainstorming zunächst eure spon tanen Auffassungen zu der folgenden Frage zu sam men: Welche Kennzeichen gibt es dafür, dass das Leben eines Menschen begonnen hat, bzw. dafür, dass es beendet ist? Ordnet gemeinsam eure Auffassungen „sicheren“ bzw. „unsicheren“ Kennzeichen zu. Vergleicht anschließend eure Ergebnisse mit➜M1-M5. Untersucht systematisch: Welche grundlegenden Wertoder Normentscheidungen liegen jeweils den Auffassungen in M1-M5 zugrunde? Diskutiert über die Frage: Darf oder soll man in die „Lotterie des Lebens“ eingreifen, z. B. durch Selbsttötung, durch Aussortieren „unpassender“ Keime bei künstlicher Befruchtung, durch Abtreibung, durch Sterilisation, durch Sterbehilfe? 1 2 3 A u fg a b e n An sich ist der Fortschritt der Medizin einschließlich gentechnologischer Verfahren ethisch zu begrüßen, insofern hierdurch für Kranke und Leidende neue Hoffnungen auf Präventionsund Therapiechancen eröffnet werden. Umgekehrt ermöglicht der medizinisch-technische Fortschritt freilich ebenfalls einen selektiven und manipulativen, „züchtenden“ Zugriff auf menschliches vorgeburtliches Leben, der inhumane und eugenische Züge zu tragen droht. nach Hartmut Kreß, S. 11–37 Person und „Würde“ in Japan Ein neugeborenes Baby wird in Japan traditionell nicht als Person erachtet, bevor es nicht durch familiäre Rituale Mitglied der Gemeinschaft geworden ist. Zuvor erhält das Baby keinen Namen. Vorgeburtliches Leben hat in Japan herkömmlich keinen eigenen individuellen Stellenwert. Vorgeburtliches und sogar geborenes Leben wird bis heute als „Schwebezustand zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt“, das sich in einem „Wachstumsstadium des Menschseins und zugleich Noch-nicht-Menschseins“ befindet, oder als „Zwischenexistenz beider Welten“ gedeutet (so der Philosoph Kyoichi Ozaki / Tokio). Vor diesem Hintergrund besteht bis heute kein rechtlicher Schutz von Feten vor der 22. Woche. Analoge Auffassungen gelten für das Lebensende. Da das Ich familiär eingebunden ist und weil die Seele über viele Jahre hinweg aus dem Körper entweicht, ist es in Japan nur schwer nachvollziehbar, das Hirntodkriterium als Zeichen für ein individuelles und punktuelles Lebensende anzusehen. Das japanische Transplantationsgesetz von 1997 ist daher weltweit das restriktivste: Es lässt die Entnahme von Organen bei Hirntoten nur unter der doppelten Einschränkung zu, dass der Verstorbene zu Lebzeiten eingewilligt hat und, als weitere Einengung, die hinterbliebenen An gehörigen dies akzeptieren. nach Hartmut Kreß, S. 11–37 M4 5 10 15 20 25 25 30 5 10 15 20 Wann endet das Leben eines Menschen? Das deutsche Transplantationsgesetz verweist bei der Frage, wie der Tod festzustellen ist, auf die Kompetenz der Bundesärztekammer. In deren Richtlinien heißt es: „Mit dem Hirntod ist naturwissenschaftlichmedizinisch der Tod des Menschen festgestellt. Der Hirntod wird definiert als Zustand des irreversiblen Erloschenseins aller Funktionen des Großund Kleinhirns sowie des Hirnstamms (Ausfall der gesamten Hirnfunktionen).“ (Dt. Ärzteblatt, Bd. 94, 1997) Voraussetzungen sind tiefe Bewusstlosigkeit, Atemstillstand und fehlende Hirnstammreflexe. Weil das Herz ein vom Gehirn unabhängiges Nervensystem besitzt, schlägt es weiter, wenn es mit genügend Sauerstoff versorgt wird. Durch eine kontrollierte Beatmung können trotz Eintreten des Hirntods die Herzund Kreislauffunktionen noch eine gewisse Zeit aufrechterhalten werden. Wird ein Herzstillstand nicht rasch genug behandelt, hat er nach kurzer Zeit auch den Hirntod zur Folge („Herztod“). Ein Herzstillstand kann z. B. als Folge einer Durchblutungsstörung des Herzens („Herz infarkt“), als Folge einer Vergiftung oder einer Ver letzung mit großem Blutverlust eintreten. nach Nicola Siegmund-Schultze, S. 22 M5 Glossar: Bundesärztekammer, Eugenik, Fetus/Fötus, Genetik, Präimplantationsdiagnostik, Prävention, Reproduktionsmedizin, selektiv, Stammzellen N r zu P rü fz w e c k e E ig e n tu m d e s C .C . B u c h n r V e rl a g s | |
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