Volltext anzeigen | |
125 Q3 Wie bekommt man eine Audienz? Ein Richter war 1676 nach Versailles gereist, um sich für die Priester in seiner Stadt einzusetzen, die der Bischof vertreiben wollte. Er berichtet, wie er mithilfe eines Adligen zum König kam, um sein Anliegen vorzutragen: Einen Augenblick, bevor Seine Majestät aus dem Kabinett1 herauskam, trat der Großstallmeister Graf d’Armagnac ein, näherte sich dem diensthabenden Hauptmann und bat um die Erlaubnis, mich vorstellen zu dürfen, was dieser sofort gewährte. In dem Augenblick, als der König auf die Schwelle der Tür trat, wo ich mich aufgestellt hatte, kam Graf d’Armagnac an die Seite des Königs, um mir zu helfen, und sagte, dass ich derjenige sei, den Seine Majestät ihm befohlen habe, ihr vorzustellen. Nachdem ich meine Reverenz2 erwiesen hatte, erzählte ich dem König, worum es sich handelte. Der König, der seine Schritte verlangsamte, gewährte mir eine volle Audienz. Seine Majestät sagte zuletzt: „Geben Sie mir Ihre Bittschrift und seien Sie versichert, dass man diesen Herren Gerechtigkeit widerfahren lassen wird.“ Nachdem er meine Bittschrift genommen hatte, ging ich in die Kapelle, wo ich einem Freund berichtete. Als ich ihm sagte, dass ich meine Bittschrift nicht mehr habe, sagte er zu mir: „Das war eine verlorene Audienz! Der König, der heute Nachmittag zur Jagd geht, wird sich umkleiden, und dann bleibt die Bittschrift in seiner Tasche und ist so gut wie verloren!“ Nach: Gilette Ziegler (Hrsg.): Der Hof Ludwigs XIV. in Augenzeugenberichten, Düsseldorf 1964, S. 146 f. 1 Kabinett: kleines Nebenzimmer 2 Reverenz: die vorgeschriebenen Höfl ichkeitsformen, mit denen der König anzureden ist 1. Erkläre, warum Ludwig XIV. das Symbol der Sonne (Q1) wählte. 2. Gib Gründe dafür an, welche Vorund Nachteile das Leben eines Adligen am Hofe Ludwigs XIV. gehabt haben könnte. 3. Spielt mit verteilten Rollen Szenen aus dem Tagesablauf bei Hofe, z. B. das morgendliche Aufstehen, eine Audienz oder einen Spaziergang im Park. 4. Schloss und Park in Versailles haben zur damaligen Zeit sehr viel Geld gekostet. Suche zur folgenden Frage Gründe dafür und dagegen: Sollen auch heute noch teure und prächtige Bauten vom Staat gebaut werden? Q5 Im Park von Versailles. Gemälde von Jean-Baptiste Martin, um 1688. Die Landschaft hinter dem Schloss war ursprünglich ein Sumpf. Mit gewaltigem Arbeitsaufwand wurde er in einen prachtvollen Park verwandelt. 50 Springbrunnen mit über 600 Fontänen sorgten für Stimmung bei höfi schen Festen. Für die Wasserspiele wurde in acht Kilometern Entfernung ein Pumpwerk errichtet. Ludwig XIV. war so stolz auf den Park, dass er selbst einen kleinen Führer zu seiner Besichtigung verfasste. Lesetipp: Anne-Marie-Desplat-Duc: Charlotte, die Rebellin. Am Hof des Sonnenkönigs, München 2009 (Mädchenroman über die 16-jährige Charlotte de Lestrange aus dem verarmten Adel, die sich gegen Vieles wehren muss: den aufgezwungenen katholischen Glauben, eine Standesheirat und Hofi ntrigen.) 5 10 15 20 25 Q4 Der König speist Zu einem gewöhnlichen Mittagessen in Versailles standen König Ludwig 498 Bedienstete zur Verfügung. Liselotte von der Pfalz , seine Schwägerin, berichtet über sein Mahl: Ich habe oft den König vier Teller verschiedener Suppen essen sehen, einen ganzen Fasanen, ein Rebhuhn, einen großen Teller Salat, zwei große Scheiben Schinken, mit Knoblauch zubereitetes Hammelfl eisch mit Brühe, einen Teller voller Backwaren und dann noch Obst und harte Eier. Nach: Gilette Ziegler: a.a.O., S. 148 5 N u r zu P rü fz w e c k e n E ig n tu m d e s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |