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149 Neue Formen der Freizeit Der allmähliche Übergang vom Zwölfzum Zehnstundenarbeitstag und die langsam steigende Kaufkraft ermöglichten es immer mehr Menschen, Teile des Tages nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten. In den Großstädten entstanden neben den Kneipen und Gaststätten neue Tanzlokale, Varietés und Kabaretts. Die Theater bekamen Konkurrenz durch große Revuen mit ihren locker aneinander gereihten Folgen von Gesangsnummern und Tanz einlagen. Sport spielte eine immer größere Rolle. Zu den allgemeinen Turnund Sportvereinen kamen spezielle: 1878 entstand in Hannover der ers te deutsche Fußballverein. Anders als in England, dem Herkunftsland des Fußballs, machten in Deutschland nicht Arbeiter das Spiel populär, sondern Gymnasias ten, Studenten und Angestellte. 1900 wurde in Leipzig der Deutsche Fußballbund (DFB) gegründet. Seit 1903 finden Deutsche Meisterschaften statt. Die Neueinführung der Olympischen Spiele 1896 und vor allem der beginnende Kult um Rekorde förderten in allen Gesellschaftskreisen die aktive und passive Sportbegeisterung. Radrennen und Box kämpfe zogen die Massen an. Zur Freizeit am Wochenende gehörte neben dem Sport für viele Großstädter der Ausflug „ins Grüne“, entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Um die Jahrhundertwende brach eine Fahrradbegeisterung aus. Mehr Information und Unterhaltung Die technischen Neuerungen legten um 1900 die Grundlagen der modernen Massenmedien: Presse, Film und Rund funk. Ende des 19. Jh.s erschienen im Deutschen Reich über 7000 Zeitungen, davon mehr als 4 000 täglich. Besonders beliebt wurden die Illustrierten. Mit vielen Fotos und Bildern versehen, galten sie als „Fens ter zur Welt“. Ein Beispiel für ihren Erfolg ist die „Berliner Illustrierte Zeitung“: Das 1891 gegründete Blatt erreichte im Laufe der folgenden Jahre ein Millionenpublikum. Lichtspiele locken Die erste öffentliche Vorführung eines Stummfilms in Deutschland fand am 1. November 1895 im Berliner „Wintergarten“ statt. Im Rahmen eines VarietéProgramms wurden „lebende Photo graphien“ mit Hilfe eines Projektors ge zeigt. Innerhalb einer Genera tion wur de aus der Varietéund Jahr markts attraktion der „kleinen Leute“ eine selbstständige und erfolgreiche Wirtschaftsbranche. Zahlreiche „Lichtspielhäuser“ (Kinos) lockten täglich Besucher an. Vor 1914 beherrschten französische Film pro duzenten den Markt, danach wurde Holly wood (USA) zur größten Film industrie der Welt. Der Rundfunk setzte sich in Deutschland erst Ende der Zwanzigerjahre als Massenmedium der Unterhaltung und Information durch. Die Warenwelt wächst Die zunehmende Kaufkraft der Bevölkerung bereitete der Konsumgesellschaft den Weg. Zigaretten, bislang ein Luxusgut, wurden zu Massenprodukten. Ende des 19. Jh.s kamen die ersten industriell gefertigen Lebensmittel wie Fertigsuppen auf den Markt. Zur gleichen Zeit traten Markenartikel dank geschickter Werbung ihren Siegeszug an. Zum herausragenden Zeichen der ständig wachsenden Warenwelt wurden die prächtigen Warenhäuser in den Großstädten. Die ersten öffneten in Frankreich, England und in den USA schon in der Mitte des 19. Jh.s. ihre Pforten. Im Deutschen Reich gewannen Kaufhäuser um 1900 an Bedeutung. Sie boten vor allem Textilien in großer Auswahl und „Kleidung von der Stange“ an. Sie führten feste Preise ein und machten Porzellan, Südfrüchte und Kon serven zu Massenartikeln. Eine Massenkultur entsteht 2 Fahrrad-Werbung. Plakat, um 1910. 1 Schuh-Werbung. Plakat, um 1912 (Ausschnitt). 4743_145_160_q7.qxd 12.08.2016 8:09 Uhr Seite 149 Nu r z u Pr üf zw ck n Ei g tu m d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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