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161 Kulturen werden zerstört Die Kolonialherren zeigten kein Interesse für die Kulturen und Sprachen der Afrikaner. Sie betrachteten sie als minderwertig und zerstörten sie weit gehend. Der französische Geschichtswissenschaftler Bierre Bertaux nannte folgende Ziele der Europäer in Afrika: „Die Missionare wollten gute schwarze Chris ten gewinnen, die Offiziere gute schwarze Soldaten ausbilden und die Verwaltungsbeamten wollten gute schwarze Untertanen erziehen.“ Die Interessen der Unternehmer sind hinzuzufügen: Sie wollten billige Rohstoffe und Arbeitskräfte. Afrikaner konnten bes tenfalls aufsteigen, wenn sie die Lebensweise der Ko lonial herren an er kann ten und bereit wa ren, sich unterzuordnen. Wer eine euro päisch geprägte Schule durchlief, die Sprache der Kolonialherren erlernte und sich einer der christlichen Kir chen anschloss, konnte unter günstigen Umständen in die neue einheimische Füh rungsschicht gelangen, die den Europäern bei der Verwaltung der Kolo nien half. Sprache und Religion der Kolonialherren trugen später zum Widerstand gegen die Fremdherrschaft bei. So erlaubte das Englische oder Französische es den afrikanischen Eliten, das Gedankengut der Europäer kennen zu lernen und gemeinsame Interessen in der Spra che der Kolonisatoren zu formulieren. Die Missionare haben zwar die reli giösen Überzeugungen der Afrikaner lächerlich gemacht und zerstört, doch die christliche Botschaft führte bei einigen Afrikanern zu einer kritischen Einstellung gegenüber den Kolonialherren. Die aus dem Deutschen Reich verstärkten Truppen (14000 Soldaten) besiegten zunächst die Herero, danach die Nama, die in die Kämpfe eingegriffen hatten. Die Deutschen drängten die Flüchtenden in wasserarme Gebiete ab, wo die meisten, vor allem Frauen und Kinder, verhungerten und ver dursteten. 1907 wurde der Krieg beendet. Die schreckliche „Bilanz“: Auf deutscher Seite starben 1500 Sol daten. Von den etwa 80000 Herero über lebten nur 15 000. Der Krieg war zum Völ ker mord geworden. Die Ver ant wortlichen da für wur den aber nie vor ein Gericht gestellt. Reaktionen im Reich Der Krieg gegen die Herero und Nama sowie weitere Konflikte mit den Einheimischen in Deutsch-Ostafrika (heute Tansania) führten zu einer politischen Krise im Deutschen Reich. Sozialdemokraten, Liberale und Politiker des Zentrums verurteilten im Reichstag das Vorgehen in Afrika. Als Ende 1906 die Sozialdemokraten und das Zentrum kein Geld mehr für Südwestafrika bewilligten, nahm Reichs kanzler von Bülow dies zum Anlass, den Reichstag aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben. Das Ergebnis der mit kolonialpolitischen Parolen geführten Wahlen vom Januar 1907 ermöglichte es Bülow weiterzuregieren. Die Mehrheit der Wähler hatte sich für eine Fortsetzung der Kolonialpolitik ausgesprochen. Die Unterdrückten wehren sich Oft ließ erst der Umgang der Europäer mit der einheimischen Bevölkerung offene Ablehnung entstehen. Wie extrem die Kolonialmächte auf diesen Widerstand reagieren konnten, wurde in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) deutlich. Die herabsetzende Behandlung der einheimischen Bevölkerung sowie wirt schaftliche und recht liche Probleme riefen Unruhen und Proteste hervor. Die Morddrohungen eines deutschen Offiziers gegen Samuel Maherero, der die Herero regierte, erzeugten aktiven Widerstand. Im Januar 1904 erhoben sich die Hereros. Sie töteten 123 deutsche Männer, Ansiedler und Soldaten, zerstörten Teile der Eisenbahnlinie und unterbrachen die Telegrafenverbindungen. Aus dem Aufstand wurde ein Krieg. 4 Ankunft eines Priesters. Schnitzerei eines Yoruba-Künstlers aus Westnigeria, 2. Hälfte des 19. Jh.s. 4743_161_176_q7.qxd 12.08.2016 8:10 Uhr Seite 161 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um s C .C .B uc hn r V er la gs | |
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