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„Heilige Kriege“ Auch die Jerusalem-Wallfahrt christlicher Pilger aus dem Westen blieb durch die Araber unbehelligt, zumal sie den islamischen Herren mehr Einnahmen als Probleme brachte. Doch 1076 blockierten die osmanischen Seldschuken nach der Eroberung des Nahen Ostens die Pilgerwege nach Jerusalem, überfi elen und beraubten unbewaffnete Wallfahrer. Der byzantinische Kaiser bat Papst Urban II., der zur selben Zeit mit dem Kaiser im Investiturstreit um die Führungsrolle im christlichen Abendland kämpfte, um Militärhilfe. Der Papst nahm die Bitte zum Anlass, 1095 auf dem Konzil zu Clermont mit den Worten „Gott will es!“ zu einem Kreuzzug, zur bewaffneten Wallfahrt und zur Befreiung der Christen in Palästina aufzurufen. Zahlreiche Prediger verbreiteten den Kreuzzugsgedanken und erweiterten die Botschaft um die Forderung, die heiligen Stätten der Christenheit aus den Händen der „Ungläubigen und Heiden“ zu befreien oder zu „erlösen“ (u M1). Zehntausende brachen 1095/96 unter der Führung von Herzögen, Grafen und Bischöfen in großen Heeren in den Orient auf. Während der Züge kam es zu den ersten großen Ausschreitungen gegen die Juden nördlich der Alpen, besonders im Rheinland, in Frankreich und in Böhmen. Diese wurden als die ersten und wahren Feinde Christi verschrien, ausgeraubt, zur Taufe gezwungen oder umgebracht. Ganze Judengemeinden wurden vernichtet. Die Kreuzzugsbewegung führte zunächst zur Eroberung Jerusalems und zur Errichtung von Kreuzfahrerstaaten im „Heiligen Land“ (u M2). Nach langem militärischen Hin und Her endete sie jedoch mit einem Misserfolg der abendländischen Eindringlinge. Die hinter den Kreuzzugspredigten und dem Verhalten der Kreuzfahrer erkennbare Ideologie ähnelt auffällig der muslimischen Lehre vom „Heiligen Krieg“, dem Dschihad. Beide gehen davon aus, dass es erlaubt oder sogar geboten sei, den eigenen, „rechten“ Glauben notfalls mit der Waffe zu verteidigen. Da Gott den Einsatz der Waffen „wolle“, erwarte alle in diesem Heiligen Krieg Gefallenen das Paradies als Lohn. Wem „gehören“ Jerusalem und das Heilige Land? Schon bald wurde die Stadt Jerusalem zum Symbol dessen, was zu erobern oder zu verteidigen war. Die Juden sahen und priesen die Stadt Davids und Salomos als den Mittelpunkt ihrer Identität als „Volk Gottes“ und damit als die „heilige Stadt“ schlechthin. Für die Christen war sie mit Rom „heilige Stadt“, da Jesus hier die letzten Tage seines Lebens verbracht hatte, gestorben und auferstanden war. Die Muslime verehrten Jerusalem als den Ort, wo Mohammed, der Stifter des Islam, in den Himmel aufgefahren war und wo einst die Posaune zum Jüngsten Gericht ertönen werde; sie war für sie die dritte „heilige Stadt“ nach Mekka und Medina. Teilweise schon jahrhundertealte Synagogen, Kirchen, Klöster und Moscheen in und um Jerusalem, vor allem die christliche Grabeskirche, die jüdische Klagemauer und der muslimische Felsendom, waren Sinnbilder der drei Religionen, um deren Rang und Besitz eifersüchtig gekämpft wurde. Die in Palästina verbliebenen Ritter und adligen Anführer errichteten christliche „Kreuzfahrerstaaten“. Zu dem religiösen Motiv der Befreiung kam der Anspruch auf dauerhafte Herrschaft hinzu. Ausdruck dieses westeuropäisch-römisch-christlichen Herrschaftsanspruches über Palästina wurden Bauten wie die Kreuzfahrerburgen, die Ritterorden der Templer und Johanniter oder auch der Deutsche Orden, deren Mitglieder sich als „milites Christi“ verstanden. i Die Kreuzfahrerstaaten um 1131. p Vergleichen Sie die Karte mit einer aktuellen des Nahen Ostens. Mohammed (arab. „der Gepriesene“, um 570 632): Gründer des Islam. Mit etwa 40 Jahren fühlte er sich zum Gesandten Gottes (Allahs) berufen. Die arabische Zeitrechnung beginnt mit seiner Auswanderung (arab. Hedschra) von Mekka nach Medina 622. Mohammed war nicht nur Religionsstifter, sondern auch Herrscher über weite Teile Arabiens. Für ihn und seine Nachfolger waren und sind Religion und Staat eine Einheit. 119Konfl ikte zwischen Christen und Muslimen zur Zeit der Kreuzzüge N r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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