Volltext anzeigen | |
50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 105 110 115 120 Am Tag nach Ben Gurions Rede vom 14. Mai 1948 marschierten Soldaten aus sieben arabischen Ländern ein. Es war der Beginn des ersten Arabisch-Israelischen Krieges. Die Arabische Liga veröffentlichte am Tag der Invasion eine Erklärung. Darin versprachen die Mitgliedsländer „Frieden, Sicherheit und Wohlstand für diesen Teil der Welt“. Abd ar-Rahman, der Generalsekretär der Arabischen Liga, fand auf einer Pressekonferenz andere Worte: „Dies wird ein Ausrottungskrieg und ein Massaker sein, von dem man wie von dem mongolischen Massaker und den Kreuzzügen sprechen wird.“ Der erste Arabisch-Israelische Krieg war ein Kampf wie David gegen Goliath – darin sind sich viele Israelis und Palästinenser bis heute einig. Die Streitfrage ist lediglich, wer David und wer Goliath war. Auf beiden Seiten kursieren bis heute stark voneinander abweichende Angaben zum Verlauf des Krieges. Eine israelische Version: Die riesigen arabischen Armeen überfi elen bestens ausgerüstet mit modernem Kriegsgerät Israel. Die Israelis waren weit in der Unterzahl und kaum bewaffnet, schlugen aber dennoch die Araber in einem heroischen Kampf in die Flucht. Die arabische Version: Die heldenhaften arabischen Armeen griffen an, um die palästinensischen Brüder zu retten. Sie kämpften geschlossen Seite an Seite und rückten so in Windeseile voran. Dabei waren sie dem Sieg fast zum Greifen nahe. Aber nur fast, denn unerwartet kamen den Israelis modernste Waffen aus dem Ausland zur Hilfe, die einen arabischen Sieg unmöglich machten. Was geschah wirklich? […] In der ersten Phase vom Kriegsausbruch am 15. Mai 1948 bis zum ersten Waffenstillstand am 10. Juni war Israels Existenz in der Tat bedroht. Soldaten aus Ägypten, Transjordanien, Syrien, Irak, Saudi-Arabien, dem Libanon und Jemen marschierten ein. Flugzeuge warfen Bomben über Tel Aviv ab, arabische Truppen griffen jüdische Ortschaften an. Lokale Banden beteiligten sich an den Attacken, einige von ihnen schlossen sich der palästinensischen Armee des Heiligen Krieges an. Der Israelin Hava Keller ging es wie vielen. Die ausgelassene Feier auf Tel Avivs Straßen lag erst ein paar Stunden zurück, schon erhielt sie den Befehl, zu ihrem Kibbuz zu gehen, um ihn zu bewachen. Zuvor hatte Hava Keller eine Bekannte noch um einen Gefallen gebeten. „Einer Freundin gab ich zwanzig Briefe. Sie waren alle für meine Eltern. Jeder trug ein anderes Datum. Sie musste jede Woche einen Brief für mich abschicken. Ich wollte nicht, dass meine Eltern Angst um mich haben.“ Dazu gab es allen Grund. Die Araber waren den Israelis in der ersten Phase weit überlegen. Sie kämpften mit den besseren Waffen und besaßen schweres Kriegsgerät wie Panzer und Artillerie. Die israelische Feuerkraft war zu Beginn dagegen sehr bescheiden. Manche Waffen stammten aus eigener, improvisierter und fehlerhafter Produktion. […] In den ersten Kriegstagen standen sich auf beiden Seiten etwa gleich viele Soldaten gegenüber. […] Bis zu 30 000 arabische Kämpfer standen etwa 35 000 israelischen Soldaten gegenüber. Auf israelischer Seite kämpften die Mitglieder der Untergrundbewegungen, die Soldaten der Hagana und allen voran deren Eliteeinheiten, die Palmach. Das hebräische Palugot Machaz bedeutet Stoßtruppen, die zusammengesetzten Anfangsbuchstaben der zwei Wörter ergeben Palmach. Uri Chanoch gehörte der Palmach an. Er hatte das Konzentrationslager Dachau überlebt und wanderte 1946 in Palästina ein. Ein Jahr später meldete er sich freiwillig zur Palmach. Die Zeit im nationalsozialistischen Deutschland holte ihn im Krieg wieder ein. „Manchmal hörte ich aus der Ferne deutsche Schimpfworte wie Schweinehunde. Auf der arabischen Seite kämpften auch deutsche Söldner. Das motivierte uns nur noch mehr zum Kampf. Einer meiner besten Freunde wurde vor meinen Augen erschossen. Zuvor hatte er mir immer gesagt, dass die für ihn bestimmte Patrone die Fabrik noch nicht verlassen hat. Der Aufopferungswille war groß. Wenn wir diesen Krieg verlieren, dann gibt es kein Land, dann wartet nur das Meer auf uns.“ Noah Flug und Martin Schäuble, Die Geschichte der Israelis und Palästinenser, München 2009, S. 49 51 1. Arbeiten Sie aus den Zeitzeugenberichten in Text a) die Ereignisse um Dir Jassin im April 1948 heraus. Ordnen Sie das Geschehen in den zeitlichen Kontext ein. 2. Bestimmen Sie die politischen Strategien der israelischen Untergrundorganisationen und der späteren Armee. 3. Im allgemeinen Gedächtnis sind in Bezug auf Dir Jassin vor allem der Angriff und weniger dessen Beendigung durch jüdische Bürger geblieben. Diskutieren Sie die Gründe. 4. Erörtern Sie die in b) geschilderten arabischen Reaktionen auf die Gründung des Staates Israel. 5. Recherchieren Sie mithilfe der Darstellung, Lexika oder dem Internet den Verlauf des Arabisch-Israelischen Krieges (vgl. die Literaturtipps auf S. 227). Nehmen Sie Stellung zu der Frage nach „David gegen Goliath“ (Z. 59 ff.). 145Die Gründung des Staates Israel Nu r z u Pr üf zw ck e Ei g nt um de s C .C .B uc hn r V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |