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Brutalismus* der Moderne* Seit der Renaissance* (s. S. 96 ff.) haben Künstler und Architekten über die ideale Stadt nachgedacht und entsprechende Entwürfe ausgearbeitet. Gleichzeitig mit dem Glashochhaus von Mies van der Rohe entwarf Le Corbusier (1887 1965) 1922 eine ideale zeitgenössische Stadt. In dieser wurden die Wohnund Arbeitsstätten deutlich voneinander getrennt. Diese Funktionstrennung entsprach Le Corbusiers Vorstellung von einer lebenswerten Stadt. Für ihn sollte die Architektur wie eine Maschine funktionieren. Alles sollte ineinandergreifen, weshalb seine Entwürfe häufi g von mathematisch-klaren, strengen Formen und Strukturen bestimmt wurden, die aus „béton brut“, wörtlich „roher Beton“, gebaut wurden. Der Name dieses Architekturstils, Brutalismus, leitet sich davon ab. Er stieß jedoch in der Öffentlichkeit mit seinen schlichten Bauten mehrheitlich auf Ablehnung; die auf Wirkung und Verschwendung dekorativer Effekte ausgerichtete Architektur an der Ostküste war um ein Vielfaches verführerischer. Bald nach 1900 entstanden auch in Europa Ideen für Wolkenkratzer. Das kühnste Projekt entwarf Ludwig Mies van der Rohe (s. auch S. 224 f.) für die Friedrichstraße in Berlin: ein Hochhaus aus Glas. 1922 wurde der Entwurf in einer Zeitschrift veröffentlicht. Das Gebäude blieb jedoch Utopie* und wurde nie gebaut. Der Architekt Mies van der Rohe kann stellvertretend betrachtet werden als Symbol für den Kulturtransfer, der von Europa nach Amerika während des 20. Jahrhunderts kam. Als ein von Nazi-Deutschland vertriebener Bauhäusler* (s. S. 222 ff.) brachte er eine neue, moderne Bauqualität in die USA, die auch erforderlich wurde: Für die verdichteten Wohnund Geschäftshäuser und neuen großen temporären Ereignisse, wie Ausstellungen oder Sportveranstaltungen, wurden innovative architektonische Lösungen gesucht. Die Summe aus seinen Erfahrungen mit dem Hochhaus zog Mies van der Rohe in seinem Seagram Building an der Park Avenue in New York City (Abb. 2). Er setzte durch, dass nur die Hälfte des Grundstücks bebaut wurde, sodass vor dem Gebäude eine Freifl äche mit einem Brunnen entstand. Die Eleganz der rationalen Konstruktion verdankte sich den ausgesuchten Materialien, die Mies auch im Innern bevorzugte. Die Außenhaut weist einen warmen Bronzeton auf; auch das Glas ist entsprechend getönt. Der umgebende Platz ist mit Marmor gedeckt. Im Innern wurde Travertin, ein gelb licher Kalkstein, verwendet. Das Gebäude sollte Kostbarkeit und Luxus ausstrahlen. 2 Ludwig Mies van der Rohe und Philip Johnson: Seagram Building, 1958, New York N r zu P rü fz w e c k e n E i e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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