Volltext anzeigen | |
185 Der Funke im Pulverfass Am 28. Juni 1914 verbreiteten alle Nachrichtenagenturen telegrafisch blitzschnell die Meldung vom Attentat von Sarajevo: Der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie waren in der Hauptstadt Bosniens ermordet worden. Atten tä ter war ein 19-jähriger Serbe, der der terroristischen Geheimorganisation „Schwar ze Hand“ angehörte. Die Empörung der Fürsten und Regierungen sowie die vermutete Verbindung des Attentäters zur serbischen Regierung wollte Österreich-Ungarn nutzen, um den unbequemen Nachbarn zu schwächen. Die deutsche Reichs führung gab ihrem Bündnispartner am 5. Juli freie Hand für eine militärische Aktion gegen Serbien. Mit dieser Haltung, die an keine Bedingungen geknüpft war, sicherte Berlin der österreichischen Regierung jede Unterstützung zu. Für die deutsche Position waren drei Überlegungen ausschlaggebend: • Die öffentliche Meinung sowie die Mehrheit im Reichstag standen auf Seiten Österreich-Ungarns. • Jede Schwächung des einzigen deutschen Bündnispartners sollte ausgeschlossen werden. • Das Vorgehen Österreich-Ungarns gegen Serbien könne zeigen, ob Russ land bereit sei, einen Krieg zu führen. Mit dem „Blankoscheck“* ging die politische und militärische Führung des Deutschen Reiches das Risiko eines großen Krieges in Europa ein, „ohne es von vornherein auf einen solchen anzulegen“, meint der Historiker Wolfgang J. Mommsen. Auf dem Weg zum „großen Krieg“ Erst vier Wochen nach dem Attentat, als die internationale Erregung darüber schon abgeklungen war, legte die Regierung in Wien Serbien ein Ultimatum** vor. Es wurde allgemein als überzogen betrachtet, weil Österreich darin unter anderem die Beteiligung eigener Dienststellen an der Strafverfolgung der serbischen Verschwörer forderte. Das Motiv des Ultimatums war eindeutig: Die österreich-ungarischen Forderungen sollten nur noch einen dip lo matischen Vorwand für den bereits beschlossenen Krieg liefern. Obwohl die serbische Regierung weitgehende Zugeständnisse machte und lediglich eine direkte Einmischung in die inneren Verhältnisse Serbiens ablehnte, brach Wien die Beziehungen zu Serbien ab. Das bedeutete nach den damals üblichen Umgangsformen zwischen Staaten Krieg. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn ihn Serbien offiziell. Die Regierungen versagen – der Krieg beginnt * Blankoscheck: Hier ist eine unbeschränkte Vollmacht gemeint. ** Ultimatum: Aufforderung, eine Angelegenheit bis zu einem bestimmten Termin zu lösen, meist verbunden mit der Androhung harter Maßnahmen für den Fall, dass der Aufforderung nicht entsprochen wird. 1 Titelblatt der Wiener „KronenZeitung“ vom 30. Juni 1914. Der Attentäter wurde unmittelbar nach der Tat gefasst. ■ Internettipp ➜ Das Deutsche Historische Museum in Berlin bietet Texte und Bilder zum Ersten Weltkrieg unter www.dhm.de/lemo/html/wk1/ 4753_177_192 03.11.16 07:53 Seite 185 Nu r z u Pr üf zw ec ke n E ge nt um d C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |