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67 5 10 15 20 25 1 „Kampf zwischen Bürger u. Soldaten in […] Berlin, am 18. und 19. März 1848.“ Lithografie (32,6 x 37,8 cm) aus der von Gustav Kühn in Neuruppin 1848 verlegten Bilderzeitung* zum Thema „Das merkwürdige Jahr 1848“. *Bilderzeitungen sind Vorläufer der Illus trierten und richteten sich vor allem an das einfache Volk. 2 Ein Augenzeuge aus Berlin In Berlin verkündete der König am 17./18. März 1848 die Aufhebung der Zensur sowie die Einberufung des Vereinigten Landtages. Am 18. März versammelte sich daraufhin eine große Menschenmenge auf dem Schlossplatz, um dem Monarchen dafür zu danken. Was danach passierte, teilte der 26-jährige Rudolf Virchow, der in Berlin als Arzt und Uni versitätsdozent arbeitete, seinem Vater am 19. März in folgendem Brief mit: Alles sammelte sich vor dem Schloss, jubelte und rief, der König erschien, und man schrie ihm Hurras zu. Die Bürger hatten nur noch einen Wunsch, dass das Militär zurückgezogen würde. Das war dem König zu viel. Er sagte dem General Möllendorf, er möchte ihm Ruhe verschaffen; der Prinz von Preußen gab den Befehl zum Angriff, und plötzlich wurde das nichts ahnende Volk von den Dragonern* mit Säbelhieben auseinander getrieben […]. Von diesem Moment an begann die Revolution. Alles schrie Verrat und Rache. In wenigen Stunden war ganz Berlin unter Barrikaden, und wer Waffen bekommen konnte, rüstete sich […]. Gegen 4 Uhr standen in Berlin etwa 25 000 Mann Militär unter den Waffen** […]. Die Zahl der kämpfenden Bürger lässt sich nicht angeben. Der Kampf begann, ich weiß gar nicht mehr genau wann, es mag gegen 5 Uhr gewesen sein. Zum ersten Mal seit der Französischen Revolution des vorherigen Jahrhunderts, zum ersten Mal seit dem Beginn der deutschen Geschichte ist es vorgekommen, dass ein Landesfürst auf seine Untertanen mit Kanonen hat schießen lassen; das Kleingewehrfeuer genügte nicht – nein, Kartätschen*** und Granaten ließ er in das Volk schleudern […]. Die Zahl der Verwundeten und Getöteten lässt sich in diesem Augenblicke noch nicht übersehen […]. Privateigentum ist nirgends auch nur im Gerings ten beschädigt worden […]. Grausamkeiten von Seiten des Volkes sind nicht bekannt, während von den Soldaten die brutalsten Dinge gemacht worden sind. Rolf Weber (Hrsg.), Revolutionsbriefe 1848/49, Leipzig 1973, S. 70 u. 72 f. (vereinfacht) * Dragoner: berittene Soldaten ** Andere Quellen nennen 12 500 Soldaten. *** Kartätsche: mit Bleikugeln gefülltes Geschoss 1. Beschreibe das auf M 1 abgebildete Geschehen. Wer zählte zu den Auf ständi schen? Beachte die Kleidung. Vergleiche die Darstellung mit M 3. 2. Bestimme Virchows Einstellung zu den Aufständischen (M 2). 3. Bis heute ist nicht geklärt, ob die ersten Schüsse absichtlich abgefeuert wurden. Welche Möglichkeiten hatte Virchow, sich zu informieren? An welchen Stellen seines Berichts (M 2) müsste ein Forscher nach weiteren Quellen suchen, um die Aussagen zu überprüfen? 3 In Berlin im März 1848 getötete Barrikaden kämpfer Angaben in Prozent Bürgertum 3,0 % darunter Wirtschaftsund Bildungsbürgertum, Literaten, Studenten Mittelschichten 5,3 % darunter wohlhabende Handwerksmeister, kleine Kaufleute, mittlere und untere Beamte Unterschichten 86,4 % darunter verarmte Handwerksmeister, Gesellen, Arbeiter Übrige 5,3 % darunter Ehefrauen, Kinder Absolute Zahl der Märzgefallenen 277 Nach: Rüdiger Hachtmann, Berlin 1848. Eine Politikund Gesellschaftsgeschichte der Revolution, Bonn 1997, S. 179 ■Internettipp ➜ Zur Märzrevolution in Berlin siehe www.zlb.de/projekte/1848 4753_065_080 03.11.16 07:40 Seite 67 Nu zu P rü fzw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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