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83 Die Hand wird ersetzt Für die Verleger war die Tuchherstellung um die Mitte des 18. Jh. ein gu tes Geschäft. Doch sie konnten die ge stiegene Nachfrage nicht befriedigen, da unter den bestehenden Bedingungen nicht noch mehr produziert werden konnte. Daher suchten Tuchhändler und Verleger nach einer tech nischen Möglichkeit, um die Garnmenge zu steigern. Ein Preisausschreiben der Society of Arts, einer Art Akademie des Handwerks, nannte 1761 die Wünsche der Kaufleute: Gesucht wurde eine Maschine, die „sechs Fäden aus Wolle, Flachs, Hanf oder Baumwolle auf einmal spinnen und nur eine Person brauchen würde, um mit ihr zu arbeiten und sie zu bedienen“. Auf der Grundlage bekannter Techniken entwickelten bis Ende der 1760erJahre der Perückenmacher Richard Ark wright und der Handweber James Hargreaves zwei Lösungen, die die Anforderungen des Preisausschreibens erfüll ten. Aber erst die 1779 entstandene Spinnmaschine des Heimwebers Samuel Crompton erwies sich als erste Schlüssel erfindung! Sie brachte den Durchbruch zur Massenfertigung von Garnen. Alle drei Maschinen konnten erstmals die Arbeit der menschlichen Hand ersetzen und die Arbeitsleistung vervielfachen. Künftig wurde Handarbeit nur be nötigt, um die Maschinen zu steuern und zu versorgen. Doch die Entwicklung und Benutzung der neuen Spinnmaschinen, die zunächst nur Baumwolle verarbeiten konnten, begann erst. Es waren weitere Verbesserungen erforderlich, damit aus Wolle maschinell Garn und Tücher hergestellt werden konnten. Von der Werkstatt zur Fabrik Die neuen Spinnmaschinen konnten den Engpass der Garnherstellung schnell beheben. Hargreaves Jenny kam vor allem im Heimgewerbe zum Einsatz. Heimarbeiter schaff ten sich diese nicht allzu teuren Maschinen entweder selbst an, oder Verleger stellten sie ihnen gegen Gebühr zur Verfügung. Die Arkwright’sche Waterframe war nicht mehr für die Heimarbeit geeignet, da sie mit Wasserkraft angetrieben wurde. Auch die Maschine von Crompton nutzte die Wasseroder Windkraft. Damit war verwirklicht, was zum Kenn zeichen der Industrie werden sollte: die Verbindung von Arbeitsund Kraftmaschinen. An die Stelle der verstreut liegenden häuslichen Arbeit trat allmählich und zunächst nur in wenigen Regionen die zentralisierte Arbeit in Fa briken. In diesen Produk tions stätten arbeiteten oft Hunderte von Frauen, Kindern und Männern auf engem Raum. Aus Heimarbeitern waren Fabrik arbeiter geworden. Maschinen und Energie Die Textilindustrie entwickelte sich zur Schrittmacherindustrie. Um immer mehr Spinnmaschinen herstellen zu können, wurden Werkzeugmaschinen wie Drehund Bohrmaschinen erfunden und gebaut. Bestehende Apparate wurden verbessert und neue Maschinen produziert. Eine davon war der 1785 von Edmund Cartwright erfundene mechanische Webstuhl. Er wurde ständig weiterentwickelt. Der Maschinenbau war vor allem für eine bessere Energieversorgung wichtig, da für die immer zahlreicheren Maschinen neue Antriebsmöglichkeiten gesucht wurden. Denn der Einsatz von Pferden war aufwändig. Windund Wasserkraft waren nicht jederzeit und überall verfügbar. Außerdem reichte die Leistung der bestehenden Wasserräder bald nicht mehr aus, um die vielen Riemen, Zahnräder, Hebel und Spindeln in den großen Fabriken jederzeit – also auch bei Niedrigwasser – anzutreiben. Parallel zur ständigen Verbesserung des Wasserradantriebes suchte man vor allem für die Maschinenspinnereien nach neuen Antriebskräften. 3 Baumwollspinnerei. Stich, um 1830. Die Spindelwagen der zwei gegenüber gestellten doppelten Spinnmaschinen liefen auf Schienen und bewegten sich im Laufe eines Arbeitstages rund fünftausendmal hin und her. Ein Spinnmeister steuert den Bewegungs ablauf. Rechts im Vordergrund muss eine Frau die gerissenen Fäden zusammenknüpfen, vorne rechts unter den Fäden fegt eine Person (ein Kind?) während des Betriebes der Maschinen Baumwollreste vom Boden weg. 4753_081_098 03.11.16 07:41 Seite 83 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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