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13Die Krise der Demokratie in Frankreich und Großbritannien abzuschaffen. Es ist aber denkbar, dass sich die Nacht des 6. Februar 1934 anders entwickelt hätte, wenn die Polizei den Demonstrationszug nicht hätte stoppen können. Niemand weiß, welche Dynamik entstanden wäre, wenn die Rechtsextremen in das Parlament eingedrungen wären. So erreichte die französische Rechte nur den Sturz der Regierung. Das Kabinett Daladier trat am 7. Februar 1934 zurück. Die sozialistische und die kommunistische Partei sowie verschiedene französische Gewerkschaften reagierten jedoch und organisierten wenige Tage später eine Großdemonstration gegen die Bedrohung durch die rechtsextremen Ligen. Die Republik wurde somit aktiv verteidigt – sogar von der eigentlich republikfeindlichen kommunistischen Partei. In Deutschland gab es im Jahr zuvor kaum Verteidiger der Weimarer Republik. Dort hatte sogar die KPD-Führung in Einklang mit der Kommunistischen Internationale die Losung ausgegeben, die SPD sei ein schlimmerer Feind als die NSDAP, während ein Regime unter dem Reichskanzler Adolf Hitler* in absehbarer Zukunft die proletarische Revolution auslösen würde (u M2). Französische Sozialisten und Kommunisten hatten aber nun vor Augen, wie brutal das nationalsozialistische Regime mit den Anhängern von SPD und KPD in Deutschland umging. Tausende Parteimitglieder und Sympathisanten, darunter auch Juden, waren in den Jahren 1933 und 1934 in „Schutzhaft“ genommen und in Konzentrationslager eingewiesen worden. Die Motivation, ideologische Differenzen zu überwinden, war also sehr groß – insbesondere nach dem Schrecken des 6. Februar 1934. Die gemeinsame Demonstration war der Auftakt für eine längerfristige politische Zusammenarbeit der französischen Linken. Die Wahlen 1936 konnten Sozialisten und Kommunisten dann mit einem Wahlbündnis, der sogenannten Volksfront, gewinnen. Unter dieser Regierung, die von Léon Blum geführt wurde und bis April 1938 Bestand hatte, wurden die rechtsextremen Ligen schließlich verboten. Die extreme Rechte in Großbritannien Das Protestpotenzial konnte in Großbritannien weit weniger als in Deutschland und Frankreich von rechtsextremen Bewegungen mobilisiert werden. Es gab aber eine Reihe derartiger Organisationen. Die wohl bedeutendste war die British Union of Fascists, die von Oswald Mosley im Oktober 1932 gegründet wurde und bald 50 000 Mitglieder zählte (u M3). Vorbild dieser Bewegung war das faschistische Italien, nach einem Treffen Mosleys mit Hitler 1935 auch das nationalsozialistische Deutschland. Trotz einer teilweise massiven publizistischen Unterstützung durch aufl agenstarke Zeitungen wie Daily Mail oder Daily Express schockierten die gewaltsamen Auseinandersetzungen der Schwarzhemden Mosleys mit der politischen Linken die britische Öffentlichkeit. Der British Union of Fascists gelang es – anders als der NSDAP in Deutschland – jedoch nicht, gewaltbereite Massen an sich zu binden und gleichzeitig durch scheinbare Mäßigung bürgerliche Kreise nicht zu verschrecken. Kommunistische Internationale: 1864 schlossen sich Arbeiterparteien und -verbände aus verschiedenen Ländern zur „Internationale“ zusammen. Diese löste sich zwar 1876 auf, konnte aber zwischen 1889 und 1914 als „Zweite Internationale“ erneut gebildet werden. Nach der Oktoberrevolution in Russland bildeten die kommunistischen Parteien 1919 unter der Führung Moskaus die „Kommunistische Internationale“. * Siehe S. 60. Oswald Mosley (1896 1980): britischer Politiker, 1932 Gründer der faschistischen Partei British Union of Fascists, 1940 bis 1945 in Großbritannien interniert bzw. unter Hausarrest gestellt i Oswald Mosley begrüßt während einer Demonstration Anhänger der „British Union of Fascists“ in der Royal Mint Street im Londoner East end. Foto vom 4. Oktober 1936. Den ca. 3 000 Anhängern der „British Union“ standen etwa 250 000 Gegendemonstranten gegenüber, darunter viele Kommunisten, Mitglieder der bri tischen Gewerkschaften und Arbeiter sowie jüdische Einwohner des Eastend. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Faschisten und Gegendemonstranten an diesem Tag sind als „Schlacht in der Cable Street“ in die Geschichte eingegangen. Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
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