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291Die DDR 1949 1989: Staat und Wirtschaft M9 Ost-Berlin schätzt die KSZE-Schlussakte ein Das DDR-Außenministerium nimmt am 28. Juli 1975 eine Bewertung der KSZE-Schlussakte von Helsinki vor: Der große Erfolg für die Staaten der sozialistischen Gemeinschaft ist die Ausarbeitung und Aufnahme des Prinzips der Unverletzlichkeit der Grenzen als selbstständiges Prinzip in den Prinzipienkatalog. [Es] enthält die klare Aussage, dass es nicht allein um den Ausschluss der Gewaltanwendung, sondern um jegliche Forderungen und Handlungen geht, die darauf gerichtet sind, Grenzen anderer Staaten zu verletzen oder sich des Territoriums anderer Staaten zu bemächtigen. Nicht verhindert werden konnte die Aufnahme eines Satzes über das Ändern von Grenzen. Die von diesem Satz ausgehende negative Wirkung konnte aber dadurch abgeschwächt werden, indem er nicht, wie von der BRD angestrebt, dem Prinzip über die Unverletzlichkeit der Grenzen zugeordnet wurde. Außerdem konnte bei den Verhandlungen über den deutschen Wortlaut dieses Satzes erreicht werden, dass die BRD zu keinem der Prinzipien eine interpretative Erklärung im Sinne des sogenannten Briefes zur Deutschen Einheit1 abgibt. Von weitreichender Bedeutung ist die klare Ausgestaltung des Prinzips der Nichteinmischung in die inneren und äußeren Angelegenheiten. In diesem Zusammenhang ist bedeutsam die Feststellung über die Rechte jedes Teilnehmerstaates, sein System und seine Gesetze und Verordnungen zu bestimmen. […] Die kapitalistischen Staaten sind mit sehr weitgehenden Forderungen insbesondere in den Fragen des Prinzipienkatalogs, der vertrauensfördernden Maßnahme und der „Freizügigkeit von Menschen und Ideen“ in die Konferenz gegangen und haben diese hartnäckig verfolgt. Sie nutzten ihre Möglichkeiten und unser Interesse an einem erfolgreichen Abschluss der Konferenz aus, um insbesondere in den Prinzipien und den Bereichen Information und Kontakte einige detailliertere Aussagen durchzusetzen, als von uns ursprünglich beabsichtigt war. Diese Aussagen sind jedoch so abgesichert, um unmittelbar negative Auswirkungen auf unsere gesellschaftlichen Verhältnisse auszuschließen. […] Im Bereich der Kontakte, insbesondere bei familiären Begegnungen, Familienzusammenführungen, Ehe schließungen und Reisen aus persönlichen und berufl ichen Gründen wurde [aus westlichen Vorschlägen] die Verpfl ichtung übernommen, jeweilige Anträge „wohlwollend“ zu behandeln. Das innerstaatliche Genehmigungsverfahren bleibt unberührt. […] Alle westlichen Vorschläge, die auf eine „freie“ Einund Ausreise ausländischer Bürger im Gastland abzielten, konnten zurückgewiesen werden. […] Im Bereich Kultur und Bildung konnten alle jene Elemente, die auf eine ideologische Diversion hinaus liefen, wie die Einrichtung ausländischer Kinos, Lesesäle, Bibliotheken usw., ausgeschlossen werden. Matthias Judt (Hrsg.), a. a. O., S. 518 f. 1. Zeigen Sie anhand des Textes auf, welche Fest legungen in dem KSZE-Abkommen der DDR-Staatsführung wichtig waren. 2. Erläutern Sie, was die DDR-Führung plante, um mögliche unerwünschte Folgen des Abkommens zu verhindern. Prüfen Sie, ob ihr das kurzund langfristig gelungen ist. i KSZE-Schlusskonferenz. Foto vom 1. August 1975. Bundeskanzler Helmut Schmidt (vorne rechts) spricht mit dem DDR-Staatsratsvor sitzenden Erich Honecker. 1 Brief zur Deutschen Einheit: Dokument der Bundesregierung zur Ergänzung des Grundlagenvertrages von 1972. Darin stellte Bonn klar, dass die Vereinbarungen mit der DDR nichts am Auftrag des Grundgesetzes änderten, eine Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit herbeizuführen. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 N r z u Pr üf zw ck e Ei ge tu m d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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