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123Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Bürger werden entrechtet 1 Übergriff auf einen jüdischen Studenten. Foto aus Marburg vom 24. August 1933. Ausgegrenzt und schikaniert Die Nationalsozialisten waren überzeugt von der Vorstellung, dass die Juden das Übel der Welt seien. Das hatten sie nie verheimlicht. Ihren Hass fanden um 1933 etwa 525 000 Deutsche jüdischen Glaubens, etwa 0,76 Prozent der Bevölkerung. Die erste reichsweite Aktion gegen Juden fand am 1. April 1933 statt. SA und SS versperrten den Zugang zu jüdischen Geschäften, Anwaltskanzleien und Arztpraxen. Schau fens ter wurden mit Sprüchen wie „Juden raus!“ beschmiert. Während sich die Juden beschwerten, an Anstand und Vernunft appellierten und auf die 12 000 jüdischen Gefallenen im Ersten Weltkrieg hinwiesen, nahm die Mehrheit der Deutschen diesen Anschlag auf die Menschenwürde ohne öffentlichen Widerspruch hin. Die Nazis erließen zahlreiche Verordnungen und Gesetze gegen die jüdische Bevölkerung. Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 ermöglichte die Entlassung „nichtarischer“ Beamter. Ab September wurden die jüdischen Künstler aus dem Kulturleben verdrängt, einen Monat später durch das Schriftleitergesetz aus den Presseberufen entfernt. Bis April 1934 verloren mehrere hundert jüdische Professoren, 2 000 Beamte und ebenso viele Schauspieler ihre Arbeitsplätze. Hinzu kamen Ausgrenzungen und Schikanen: Juden wurde das Betreten vieler Dörfer und öffentlicher Schwimmbäder verboten. Ihren Kindern blieben die höheren Schulen versperrt. Die „Nürnberger Gesetze“ Auf dem Nürnberger Reichsparteitag von 1935 wurde ein Reichsbürgergesetz und ein Blutschutzgesetz verkündet. Diese beiden „Nürnberger Gesetze“ und deren Ausführungsverordnungen machten die Juden zu Bürgern minderen Rechts. Sie galten nicht mehr als „Reichsbürger“, verloren das Wahlrecht und durften kein öffentliches Amt übernehmen. Außerdem verbot man Ehen zwischen Juden und Christen. Sogar Freundschaften zwischen Juden und Christen wurden nun offen als „Rassenschande“ verfolgt. Die Ausgrenzungen gehen weiter Während der Olympischen Spiele von 1936 verbargen die Nazis die Ausgrenzungen vor der internationalen Öffentlichkeit. Ein Jahr später nahmen sie keine Rücksicht mehr. Jüdischen Haushalten wurden Gas und Strom abgesperrt. Juden mussten ihre Vermögen anmelden, jüdische Ärzte, Rechtsanwälte und andere freie Berufsgruppen durften nicht mehr ungehindert arbeiten. Ab Oktober 1938 kennzeichneten die Behörden die Reisepässe von Juden mit einem „J“. Bis zum 31. Dezember 1938 musste sie Kennkarten mit einem eingedruckten „J“ beantragen. Danach wurden ihnen die Zwangsnamen „Sara“ beziehungsweise „Israel“ als zweite Vornamen verpasst. Auch Sinti und Roma werden ausgegrenzt Auch für die etwa 30 000 im Deutschen Reich lebenden Sinti und Roma wurde das Überleben nach 1933 immer schwerer. Schrittweise wurden sie ganz aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt und ihrer Bürgerrechte beraubt. Sie erhielten Berufsverbote und ihre Kinder durften bald in keine öffentliche Schule mehr gehen. Getarnt als vorbeugende Verbrechensbekämpfung wurden sie verhaftet, in Lager gesperrt und zu Zwangsarbeit verurteilt. Darüber hinaus wurden tausende Sinti und Roma zwangsweise unfruchtbar gemacht. Ab 1936 unterwarf man sie den Bestimmungen der „Nürnberger Gesetze“ und erklärte sie wie die Juden zur „artfremden Rasse“. Ab März 1939 durften sie sich nicht mehr frei bewegen und mussten „Rasseausweise“ bei sich tragen. ó Mitglieder der SA treiben einen jüdischen Studenten durch die Stadt, den sie gezwungen hatten, ein Schild mit der Aufschrift „Ich habe ein Christenmädchen geschändet!“ zu tragen (Abb. 1). Solche Vorfälle fanden damals in zahlreichen Städten statt. Nimm Stellung zu dem Vorfall. Bewerte das Verhalten der Zuschauer. 31013_1_1_2015_100_163_kap3.indd 123 26.03.15 15:30 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc ne r V er la gs | |
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