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125Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Der Terror nimmt ständig zu 1 Aus dem Kaufhaus Oppenheimer wird die Firma Kalberlah. Anzeige aus einer Offenbacher Zeitung von 1936. Der Firmenname wurde hier falsch gedruckt. Die Novemberpogrome Täglich verschlimmerten sich die Lebensbedingungen der Juden im Reich. Ziel der Politik wurde, die Juden aus Deutschland zu vertreiben. Ende Oktober 1938 schoben die Behörden etwa 17 000 Juden, die mit polnischen Pässen in Deutschland lebten, nach Polen ab. Unter ihnen die Eltern von Herschel Grynszpan, die seit 1911 in Hannover wohnten. Der 17-jährige Herschel war der Ausweisung zuvorgekommen und nach Paris gegangen. Bei Ernst vom Rath, einem Mitarbeiter der deutschen Botschaft, den er kannte, bemühte sich Herschel um eine Aufenthaltsgenehmigung. Als dieser sie ihm verweigerte, schoss er am 7. November auf ihn. Noch am Tag des Attentates kam es im Reich zu ersten Ausschreitungen gegen jüdische Einrichtungen. Und die Nazis machten aus der Tat sofort einen Anschlag des „internationalen Weltjudentums“ gegen das „Dritte Reich“. Als vom Rath am 9. November seinen Verletzungen erlag, rief Goebbels mit Hitlers Einverständnis die in München versammelte NS-Führung zu „Racheund Vergeltungsaktionen“ auf. Wenige Stunden später steckten Mitglieder der SA, der SS, der Hitler-Jugend sowie anderer Organisationen der NSDAP überall im Reich etwa 1 400 Synagogen in Brand, schändeten Grabsteine, zerstörten und plünderten etwa 7 500 Geschäfte und demolierten zahlreiche Wohnungen. Rund 400 Juden wurden während der November pogrome ermordet oder starben an den Folgen der Misshandlungen. Nach dem 10. November verschleppten die Gestapo und örtliche Polizei auf Anordnung Himmlers über 30 000 meist wohlhabende jüdische Männer in die Konzentra tionslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen, um von ihnen Lösegeld zu erpressen und sie aus Deutschland zu vertreiben. Etwa 1 000 Häftlinge kamen bis 1939 in den Lagern ums Leben. Für den „öffentlichen Schaden“ und die „Wiederherstellung des Straßenbildes“ mussten die Juden auch noch bezahlen. Ihre „Sühneleistung“ legten die Nazis auf eine Milliarde Reichsmark fest. Dies trieb viele Familien in den Ruin. Aus dem Wirtschaftsleben vertrieben Von Anfang an wollten die Nazis die Juden aus dem Wirtschaftsleben verdrängen. Schon vor den Novemberpogromen hatten Partei und Industrieund Handelskammern Juden gezwungen, ihre Geschäfte und Gewerbebetriebe zu Spottpreisen zu veräußern. Nach den Novemberpogromen wurde die „Arisierung“ fortgesetzt. Juden mussten nicht nur ihre Betriebe aufgeben, sondern auch Wertpapiere, Schmuck und Kunstgegenstände weit unter Wert verkaufen. Privatleute, Firmen und der Staat profi tierten davon. Auswanderung Im Januar 1939 erteilte Hermann Göring, einer der ranghöchsten Parteiund Regierungsmitglieder, dem Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes, Reinhard Heydrich, den Auftrag, die „Judenfrage“ durch „Auswanderung oder Evakuierung“ zu lösen. Breiter Widerspruch der Bevölkerung gegen die zunehmende Entrechtung und Ausgrenzung der Verfolgten blieb aus. Den wenigen Fällen von Hilfe und Solidarität mit den Betroffenen standen massenhafte anonyme Anzeigen deutscher „Volksgenossen“ gegenüber. Flucht als Überlebenschance? Die Flucht in die Tschechoslowakei, nach Holland, Frankreich, Belgien und Dänemark war nach 1933 für viele Juden die erste Möglichkeit, um dem Terror zu entfl iehen. Doch abgesehen davon, dass viele Deutsche nicht in ein fremdes Land gehen wollten, raubte der NS-Staat durch die Beschlagnahmung von Vermögen und hohe Abgaben den Menschen das Geld für die Auswanderung. Dazu kam, dass viele Länder eine zurückhaltende Aufnahmepolitik betrieben und an mittellosen Einwanderern nicht interessiert waren. Großbritannien öffnete zum Beispiel erst nach den Novemberpogromen seine Grenzen für Juden. Bis September 1939 nahm das Land etwa 75 000 Flüchtlinge auf – darunter 10 000 Kinder. Auch in Nord und Südamerika sowie Palästina fanden nun Juden Aufnahme. Bis Ende 1939 suchten etwa 260 000 deutsche Juden in der Fremde Schutz (Asyl). ó Erkläre mithilfe der Anzeige (Abb. 1) und des Verfassertextes den Begriff „Arisierung“. 31013_1_1_2015_100_163_kap3.indd 125 26.03.15 15:30 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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