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147Mit Material arbeiten M 5 „Aussortierung.“ Foto vom Mai 1944. Das Bild stammt vermutlich von SS-Unterscharführer Ernst Hoffmann und trägt im Original die angegebene Überschrift. Es dokumentiert die „Selektion“ ungarischer Juden an der Rampe des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. 5 10 15 5 10 M 6 „Wag es nicht …“ Am 22. August 1944 kommt die noch nicht 15-jährige Esther mit ihrer Familie von L⁄ ódz´ nach Auschwitz-Birkenau. Sie überlebt. Viele Jahre später erinnert sie sich: Alles ging sehr schnell. Als Mengele* kam, begann er mit der Selektion. Meine Tante mit ihrem kleinen Jungen stand vorn, dann meine Mutter mit dem kleinen Mädchen an der Hand und mein Bruder, und ich war die Letzte. Meine Tante und ihr kleiner Sohn wurden nach links beordert, und als er meine Mutter fragte, ob das kleine Mädchen ihr Kind sei, und sie nickte, schickte er sie nach links. Da mein Bruder damals erst zwölf war, schickte er ihn auch nach links, mich winkte er nach rechts. Ich begriff, dass meine Mutter auf der anderen Seite war, und wollte zu ihr laufen, ich wollte bei ihr sein. Eine Jüdin, die dort arbeitete, fi ng mich in der Mitte ab und sagte auf Polnisch: „Wag es nicht, dich von hier wegzurühren!“ Sie wusste, dass ich in die Gaskammer kommen würde, wenn ich auf der anderen Seite stünde. Und sie wollte mich nicht loslassen. Zit. nach: Debórah Dwork, Kinder mit dem gelben Stern. Europa 1933 1945, München 1994, S. 215 (übers. von Gabriele Krüger-Wirrer) * Josef Mengele (1911 1979): Doktor der Philosophie und der Medizin. 1943 kam Mengele als SS-Arzt nach Auschwitz. Dort war er, gemeinsam mit anderen Ärzten, nicht nur für die „Selektionen“ mitverantwortlich, sondern auch für grausame medizinische Versuche, die fast immer tödlich endeten. M 7 Was konnte der Normalbürger wissen? Karl Dürkefälden (1902-1976), ein Maschinenbautechniker aus Celle, notiert am 12. Juni 1942 in sein Tagebuch: Heute wurde mir gesagt, dass hier Soldaten mehrfach erzählten, im vorigen Herbst seien in Polen Juden zu Tausenden erschossen: Erst hatten sie für andere Gräber zu schaufeln und eines Tages hatten sie ihr eigenes Grab gegraben und wurden von hinten erschossen. Dass die Juden zu Tausenden erschossen wurden, habe ich am folgenden Tage auch von ganz anderer Seite gehört. Friedrich Kellner (siehe M 3, Seite 143) schreibt am 16. September 1942 in sein Tagebuch: In den letzten Tagen sind die Juden unseres Bezirkes abtransportiert worden. [...] Von gut unterrichteter Seite hörte ich, dass sämtliche Juden nach Polen gebracht u. dort von SS-Formationen ermordet würden. Erster Text: „Schreiben, wie es wirklich war ...“. Aufzeichnungen Karl Dürkefäldens aus den Jahren 1933-1945, hrsg. von Herbert und Sibylle Obenaus, Hannover 1985, S. 111; zweiter Text: Friedrich Kellner, „Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne“. Tagebücher 1939-1945, hrsg. von Sascha Feuchert u. a., Bd. 1, Göttingen 2011, S. 311 1. Beurteile auf der Grundlage von M 1, M 4, M 6 und der Darstellung auf Seite 144 f. Hitlers Verantwortung für den Völkermord. Kann sie die einzelnen Täter ent lasten? 2. Erörtert, ob die Grausamkeiten in den Ghettos (M 2 und M 3) von den Tätern mit Befehlen entschuldigt werden können. Wie lassen sie sich erklären? 3. Gib den geschilderten Selektionsvorgang wieder (M 5 und M 6). Diskutiert, wer dafür die Verantwortung trug. 4. Nach 1945 haben die Deutschen über Jahrzehnte behauptet, von dem Völkermord nichts gewusst zu haben. Beurteile die Aussage. Berücksichtige dazu den Verfassertext auf Seite 145 und M 7. ˘ Internettipp: Weitere Informationen, Fotos und Links zum Thema „Auschwitz“ sowie „Nationalsozialismus und Holocaust“ siehe unter Mediencode 31013-46 31013_1_1_2015_100_163_kap3.indd 147 26.03.15 15:30 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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