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179Deutschland und die geteilte Welt nach 1945 Millionen verlieren ihre Heimat Die Nationalsozialis ten hatten im Krieg etwa neun Millionen Menschen in den von ihnen beherrschten Teilen Europas „eingedeutscht“, „umgevolkt“ oder verschleppt. Allein 1,2 Millionen Polen mussten ihre Heimat verlassen und ins „Generalgouvernement“ übersiedeln. Auch die Sowjets hatten bedenkenlos ganze Volksgruppen um tausende Kilometer verschoben, so die Krimtataren oder die Wolga deutschen. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann eine neue, noch gewaltigere Vertreibungswelle. Sie bedeutete für viele Millionen Menschen in Europa den Verlust ihrer Heimat. Sie traf Polen, Tschechen, Slowaken, Ukrainer, Weißrussen, Litauer, Ungarn und Deutsche. Für zwölf bis 14 Millionen Deutsche wurden Flucht und Vertreibung zum bitteren Schicksal. Es wird geschätzt, dass ein bis zwei Millionen Menschen dabei ums Leben kamen und etwa eine Million in die Sowjetunion deportiert wurde. Misshandelt und vertrieben Schon vor Kriegsende waren über fünf Millionen Menschen aus den deutschen Ostgebieten vor der Roten Armee gefl ohen. Angesichts der deutschen Kriegsverbrechen, der zerstörten Heimat und der Millionen ziviler Opfer riefen viele russ ische Offi ziere zu Rache und Vergeltung auf. Zahllose Zivilisten wurden getötet, verschleppt, misshandelt und vergewaltigt. Raub und Plünderungen waren üblich. Auf Flucht und „wilde“ Vertreibungen folgten von Behörden angeordnete Ausweisungen und Zwangsumsiedlungen von Deutschen aus ihren Heimatgebieten östlich von Oder und Neiße sowie aus anderen Siedlungsgebieten Ostund Südosteuropas. Auf der Potsdamer Konferenz war zwar im Juli 1945 vereinbart worden, dass die „Ausweisungen“ in „ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen“ sollten, trotzdem kam es weiterhin zu vielen gewaltsamen Vertreibungen. Erst 1947 mündeten sie in eine „geordnete Umsiedlung“. Die Flüchtlinge und Vertriebenen besaßen nur noch das, was sie auf dem Leib trugen oder mitschleppen konnten. Für die Aufnahmegebiete bedeutete dieser Zustrom von Menschen eine Verschärfung der schon katastrophalen Ernäh rungsund Wohn situation. Deshalb lehnte dort die Bevölkerung anfangs die Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen ab. Flucht und Vertreibung 1 Anschlag vom 14. Juli 1945. Die Form des Anschlages lehnte sich an die deutschen Anordnungen aus der Besatzungszeit an, die sich an die polnische Bevölkerung richteten. ó Analysiere die Punkte 1 bis 11 und stelle dir vor, du wärest von den Anweisungen betroffen. Wie hättest du reagiert? Was hättest du deinen Familienangehörigen gesagt? 2 Herkunft der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen. Nach: Klaus J. Bade u. a. (Hrsg.), Enzyklopädie Migration in Europa, Paderborn 32010, S. 158 Von den Flüchtlingen und Vertriebenen, die um 1950 in der Bundesrepublik und der DDR lebten, kamen aus – den ehemals deutschen Gebieten östlich von Oder und Neiße etwa 7,00 Mio. – der Tschechoslowakei etwa 3,00 Mio. – dem Polen der Vorkriegsgrenzen etwa 1,40 Mio. – der bis 1939 unter der Verwaltung des Völkerbundes stehenden Freien Stadt Danzig etwa 0,30 Mio. – Jugoslawien etwa 0,30 Mio. – Ungarn etwa 0,20 Mio. – Rumänien etwa 0,13 Mio. 31013_1_1_2015_164_227_kap4.indd 179 26.03.15 15:31 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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