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187Deutschland und die geteilte Welt nach 1945 Vorentscheidungen Während die westlichen Besatzungsmächte – zum Teil gegen den Willen breiter Bevölkerungskreise – eine freie Wirtschaftsund Eigentumsordnung wollten, wurden in der SBZ mit Unterstützung vieler Bürger schon im Herbst 1945 die Weichen für eine sozialis tische Entwicklung gestellt. Unter dem Motto Junkerland in Bauernhand! leiteten die Sow jets eine Bodenreform ein: 7 000 Großgrundbesitzern wurde ihr Land entschädigungslos entzogen und an 500 000 Landarbeiter, landlose Bauern, Flüchtlinge und Vertriebene verteilt. Ein Drittel des enteigneten Bodens erhielten die Länder, Kreise und Gemeinden. Gleichzeitig setzte unter der Parole Enteignung von Nazis und Kriegsverbrechern! die entschädigungslose Verstaatlichung von etwa 9 000 Unternehmen ein. Mit diesen beiden Maßnahmen sollten in der SBZ die alten Eliten, die den Nationalsozialismus unterstützt oder nicht verhindert hatten, entmachtet und ein sozialistischer Staat aufgebaut werden. Demontagen Als Ersatz für die Kriegsschäden und die Besatzungskosten zogen die Alliierten das Auslandsvermögen deutscher Firmen ein, übernahmen deutsche Patente und eigneten sich Kunstwerke an. In der Frage der Demontage großer Industriebetriebe und Reparationsleis tungen entwickelten die Alliierten keine einheitliche Linie. Amerikaner und Briten wollten die Selbstversorgung Deutschlands wiederherstellen und so die Bezahlung der Besatzungskosten erreichen. Die Franzosen, die im 20. Jh. zweimal von deutschen Truppen überfallen worden waren, wollten Deutschland langfristig schwächen. Die Sowjets wiederum, die ihr zerstörtes Land aufbauen mussten, pochten auf rasche und hohe Wiedergutmachungsleistungen sowie einen dauerhaften Einfl uss auf die deutsche Wirtschaft. Bereits 1946 übernahmen sie rund 200 der größten ostdeutschen Betriebe. Zu tief greifenden Verstimmungen zwischen Amerikanern und Sowjets kam es, als sich die Sowjetunion weigerte, Nahrungsmittel und Kohle, wie in Potsdam vereinbart, im Austausch für ihren Anteil an den in den Westzonen demontierten Industrieausrüstungen zu liefern. US-General Lucius D. Clay ließ deshalb im Mai 1946 die Reparationslieferungen aus der amerikanischen Zone in die Sowjetunion stoppen. Ungleiche Belastungen Von nun an stellten Amerikaner und Briten eine rasche Ankurbelung der Wirtschaft in ihren Zonen über ihre Reparationsansprüche. Die Demontage von Industriebetrieben wurde bald verringert und 1951 ganz eingestellt. Dagegen behielten die Sowjets in ihrer Besatzungszone die Demontagen länger bei und verringerten ihre Reparationsansprüche erst nach 1953. Insgesamt wurde die östliche Wirtschaft langfristig stärker belastet als die westliche. Die Wende der amerikanischen Besatzungspolitik Die politischen und wirtschaftlichen Weichenstellungen in der SBZ und der beginnende Ost-West-Gegensatz hatten deutlich gemacht, dass eine einheitliche Besatzungspolitik der Alliierten nicht möglich war. Den amerikanischen Wandel kündigte US-Außen minister James F. Byrnes in einer Rede am 6. September 1946 in Stuttgart an. Darin bot er dem deutschen Volk erstmals öffentlich Hilfe an. Eine trennende Entwicklung 1 „Ja, der hat’s gut, der lebt unter einem besseren Himmel.“ Titelblatt der in Berlin erscheinenden Satirezeitschrift „Ulenspiegel“ vom November 1946. ó Interpretiere die Zeichnung von Karl Holtz. 31013_1_1_2015_164_227_kap4.indd 187 26.03.15 15:31 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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