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191Deutschland und die geteilte Welt nach 1945 Soziale Marktwirtschaft im Westen Im Sommer 1947 richteten die Briten und Amerikaner in der Bizone einen Wirtschaftsrat ein, dem zunächst 52, später 104 Abgeordnete aus den acht Landtagen angehörten. Der Wirtschafts rat war so etwas wie das erste deutsche Nachkriegsparlament. Unter Aufsicht der Besatzungsmächte bestimmte er Grundsätze für den Wiederaufbau Deutschlands. 1947 war die Versorgung der Bevölkerung wegen der Zuteilungswirtschaft unzureichend. Zahlreiche SPDund KPD-Politiker sowie einige Mitglieder vom linken Flügel der CDU wollten die Verteilung der Waren weiter staatlich überwachen, bis die Versorgung der Bevölkerung gesichert wäre. Der Direktor des Wirtschaftsrates, der parteilose Ludwig Erhard, und seine Mitarbeiter setzten auf die Marktwirtschaft, in der Angebot und Nachfrage über die Preise der Waren entscheiden. Sie gingen davon aus, dass durch sie in kurzer Zeit ausreichend Waren zu fairen Preisen auf den Markt kommen würden. Allerdings sollten gesetzliche Rahmenbedingungen für soziale Sicherheit sorgen. Für diesen Plan der Sozialen Marktwirtschaft gewann Erhard im Juni 1948 die Mehrheit im Wirtschaftsrat. Planwirtschaft im Osten Während in der Bizone der Wirtschaftsrat eingerichtet wurde, schuf die SMAD in der SBZ die Deutsche Wirtschaftskommission. Sie wurde von SED-Funktionären beherrscht. Sie lenk ten die Wirtschaft zentral und setzten den Weg in die Planwirtschaft fort. Privatbetriebe wurden verstaatlicht und in Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt. Damals begrüßten viele Bürger diese Entscheidungen, da sie Versorgung und Arbeitsplätze zu sichern schienen. Von der Reichsmark zur DM 1948 gab es in Deutschland keine funktionie rende Währung. Die Reichsmark war wertlos. Auf den Schwarzmärkten wurden Waren gegen Waren getauscht. Als sich die westlichen Besatzungsmächte für eine Währungsreform entschieden, hatten sie drei Gründe: Sie wollten • den Schwarzmarkt bekämpfen, • eine Grundlage für die Soziale Marktwirtschaft schaffen und • die Voraussetzungen für die Einbeziehung der westlichen Zonen in den Marshall-Plan schaffen. Unter strengster Geheimhaltung bereiteten die Westalliierten 1948 die Währungsreform vor. Der Währungsschnitt An einem Freitag erfuhren die Deutschen, dass am folgenden Sonntag, dem 20. Juni 1948, ein Währungs schnitt stattfi nden würde. Jeder Bewohner in den drei westlichen Zonen erhielt zunächst 40 (später noch einmal 20) Deutsche Mark (DM) als „Kopfgeld“. Löhne, Gehälter, Pensionen und Mieten wurden im Verhältnis 1 : 1, Schulden auf ein Zehntel in DM-Beträgen um gewer tet. Reichsmark-Guthaben auf Sparbüchern wurden – zu nächst auf 2 500 RM begrenzt – im Verhältnis zehn zu eins umgestellt, nach einer weiteren Verordnung vom Ok tober blieben von 100 RM nur noch DM 6,50 übrig. Der radikale Währungs schnitt nahm – zum zweiten Mal während einer Ge neration – den Unterund Mittelschichten ihre Sparguthaben und bevorzug te die Eigentümer von Grund stücken, Häusern und Schmuck. Er drängte den Schwarzhandel zurück und bescherte den Lohnund Gehaltsempfängern neue Kaufkraft. Ihre besondere Wirkung entfaltete die Währungsreform erst dadurch, dass Erhard gleichzeitig die Bezugsscheinwirtschaft beendete. Ausgenommen waren nur bestimmte Nahrungsmittel, wichtige Rohstoffe und Mieten. Das Warenangebot stieg schlagartig – ein Hinweis darauf, dass Änderungen erwartet worden waren. Die Währungsreform in der SBZ Nachdem in Berlin die Verhandlungen der vier Siegermächte über die Einführung der D-Mark geplatzt waren, verbot am 19. Juni 1948 der Chef der Sowjetischen Militärverwaltung den Gebrauch des neuen Geldes in der gemeinsam verwalteten Stadt. Vier Tage später wurde für die SBZ eine eigene Währungsreform angeordnet – unter Einbeziehung ganz Berlins. Dagegen erhoben die drei Westmächte Einspruch. Sie be standen auf der DM, da zwei unter schied liche Währungen wirtschaftlich untragbar seien. Währungs reformen und Berlin-Blockade 1 Neue Banknote der Westzonen. 31013_1_1_2015_164_227_kap4.indd 191 26.03.15 15:31 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt u d es C .C . B uc h er V er la gs | |
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