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267Mit Material arbeiten 1. Analysiere die in M 1 vorgestellten Maßnahmen und erläutere die Folgen (siehe Seite 266). 2. Nimm Stellung zu M 2 und dem zitierten Ausspruch des Schriftstellers Max Frisch. 3. Erörtere den Zusammenhang von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Ausländerfeindlichkeit (siehe Seite 266 und M 3). 4. Diskutiert, warum Integration „eine Forderung an beide Seiten“ ist (M 4). M 3 Trauerfeier für die Opfer von Solingen. Foto vom 3. Juni 1993. Bei einem Brandanschlag auf ein von Türken bewohntes Haus sind in der Nacht zum 29. Mai 1993 drei Frauen und zwei Kinder ums Leben gekommen. 14 weitere Personen wurden verletzt. Die Täter, vier Rechtsextremisten, wurden gefasst und am 13. Oktober 1995 zu Freiheitsstrafen zwischen zehn und fünfzehn Jahren verurteilt. M 1 Die Ausländerbeschäftigung eindämmen Aus der Pressemitteilung der sozialliberalen Bundesregierung zum Anwerbestopp vom 27. November 1973: In der Bundesrepublik Deutschland sind zurzeit etwa 2,6 Millionen Ausländer beschäftigt. [...] Die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt. Mit diesem Zustrom hat die Aufnahmefähigkeit der sozialen Infrastruktur verständlicherweise nicht mithalten können. Vor allem in Verdichtungsräumen wie Berlin, Frankfurt/Main, München und Stuttgart haben sich dadurch zum Teil nicht mehr zu verantwortende soziale Zustände ergeben. Aufgrund dieser Entwicklung hatte das Kabinett schon am 6. Juni dieses Jahres ein Aktionsprogramm zur Eindämmung der Ausländerbeschäftigung beschlossen. Eine Reihe der zu diesem Zweck vorgesehenen Maßnahmen wurde bereits in die Tat umgesetzt. Dazu gehören die Erhöhung der Vermittlungsgebühr von 300 DM auf 1 000 DM, die von den Anwerbefi rmen an die Bundesanstalt zu entrichten ist, und eine strengere Prüfung und Überprüfung der Gemeinschaftsunterkünfte, die von den Firmen für ihre Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. […] Außerdem haben Bund und Länder mittlerweile ein Verfahren abgesprochen, um den Umfang der Ausländerbeschäftigung in überlasteten Siedlungsgebieten nicht noch weiter steigen zu lassen. Bulletin des Presseund Informationsamtes der Bundesregierung, Bonn, Nr. 151, 27. November 1973, S. 1506 M 2 „Man hat Arbeitskräfte gerufen …“ Der Schriftsteller Nevzat Üstün (1924-1979) aus Istanbul schreibt 1975 über die türkischen Migrationserfahrungen: Als die Deutschen aus dem Ausland „ausländische Arbeitskräfte“ anforderten, dürften sie nicht daran gedacht haben, dass es dabei um Menschen geht. […] Das heißt, die Arbeitskräfte sollten kommen, für sich allein existieren, die Straßen fegen, Häuser bauen, Maschinen bedienen, Beton aufbrechen, Elektroschweißen, dabei aber völlig unsichtbar bleiben. […] Sie sollten nicht in Häusern leben, nicht in die Parkanlagen gehen, nichts essen, unbekannt bleiben, sich nicht lieben. […] Der berühmte Schriftsteller Max Frisch hat es einmal so ausgedrückt: „Man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kamen Menschen.“ […] Man zahlte ihnen ihr Geld aus und hatte damit alles Nötige getan. Am liebsten hätte man die Ausländer jeden Abend um fünf Uhr in ihre Heimatländer zurückgeschickt und sie morgens zurückgeholt. Nevzat Üstün, „… Was die Deutschen wollten, …“, in: Aytaç Eryilmaz/Mathilde Jamin (Hrsg.), Fremde Heimat. Eine Geschichte der Einwanderung aus der Türkei. Yaban Silan olur […], Katalog zur Ausstellung, Essen 1998, S. 68 (übertragen von Carl Koß) M 4 „Was können wir aus der Vergangenheit lernen?“ Der Historiker Ulrich Herbert antwortet im Februar 2011 auf die Frage: „Was können wir [...] aus den Debatten der Vergangenheit lernen?“ Vor allem Gelassenheit. Es helfen nur eine klare Rechtsbasis, defi nierte Ziele und eine Politik der kleinen Schritte. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass die Geschichte der „Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik, verglichen mit anderen Ländern, in vieler Hinsicht erfolgreich verlaufen ist. Der überwiegende Teil der Ausländer hat sich integriert und die westdeutsche Gesellschaft vielfach bereichert. Umgekehrt ist die Bundesrepublik für Zuwanderer ein außerordentlich attraktives Land, und wir können durchaus deutlicher machen, dass mit der Zuwanderung Erwartungen und Pfl ichten verbunden sind: Akzeptanz des Grundgesetzes, Beherrschung der Sprache, Leistungsbereitschaft. Aber Integration ist eine Forderung an beide Seiten. Die Zeit Nr. 7 vom 10. Februar 2011, S. 19 5 10 15 20 5 10 15 5 10 31013_1_1_2015_228_271_kap5.indd 267 26.03.15 15:33 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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