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192 Politische und ideologische Voraussetzungen des Nationalsozialismus Weitere Hypotheken Die Kriegskosten hatten zu einer hohen Verschuldung des Reiches und einer Infl ation geführt. Die Versorgung der Kriegsinvaliden, Witwen und Waisen und die Reparationen belasteten die Staatsfi nanzen. Die Industrie war infolge des Krieges geschwächt. Das Deutsche Reich hatte wichtige Wirtschaftszentren und Rohstoffquellen verloren. Die Lage spitzte sich Anfang 1923 dramatisch zu, nachdem französische Truppen das Ruhrgebiet besetzt hatten. Sie sollten die deutsche Kohleund Stahlproduktion kontrollieren und die Einhaltung der Reparationslieferungen überwachen.* Da die Reichsregierung den passiven Widerstand fi nanzierte, erreichten Staatsverschuldung und Infl ation eine neue Rekordhöhe. Unter dem Einfl uss der Infl ation und dem Druck der Alliierten brach die Regierung den „Ruhrkampf“ ab und führte eine Währungsreform durch. Bereits Anfang 1924 war die Infl ation zwar weitgehend überwunden. Die Hyperinfl ation und die Währungsreform von 1923 blieben vielen als traumatisches Erlebnis aber in Erinnerung. Weite Teile des Mittelstandes, kleine Unternehmer, Handwerker, Händler, Beamte, Angestellte und Rentner hatten ihre Ersparnisse verloren. Sie fühlten sich von der Republik betrogen und waren deswegen anfällig für radikale Parolen, die ihnen Rettung vor dem befürchteten Absinken ins Proletariat versprachen. Dass viele auf Distanz zu Demokratie und Republik gingen, zeigt auch die Tatsache, dass nach dem Tod des Reichspräsidenten Friedrich Ebert im Jahr 1925 der greise Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg zu dessen Nachfolger gewählt wurde, der als ehemaliger Chef der Obersten Heeresleitung für Monarchie, Obrigkeitsstaat und Militarismus des untergegangenen Kaiserreiches stand und zu den „Erfi ndern“ der „Dolchstoßlegende“ zählte.** Währungsreform: Umstellung im Deutschen Reich von der „Mark“ (M) auf die „Rentenmark“ (später „Reichsmark“, RM), bei der der Wechselkurs neu festgelegt (1 Dollar = 4,20 Mark) und die Währung statt durch Goldreserven durch eine Hypothek auf Grundbesitz und individuelle Sachwerte gedeckt wurde Friedrich Ebert (1871 1925): ab 1913 SPD-Vorsitzender, 1919 bis zu seinem Tod erster Reichs präsident der Weimarer Republik „Dolchstoßlegende“: Verschwörungstheorie, die ab Ende 1919 verbreitet wurde und die die Schuld an der militärischen Niederlage im Ersten Weltkrieg von Hindenburg und Ludendorff ablenken und vor allem auf die Sozialdemokratie abwälzen sollte. Sie besagte, das deutsche Heer sei im Weltkrieg „im Felde unbesiegt“ geblieben und habe erst durch oppositionelle „vaterlandslose“ Zivilisten aus der Heimat einen „Dolchstoß von hinten“ erhalten. * Zum „Ruhrkampf“ vgl. auch S. 478 479. ** Zur Dolchstoßlegende siehe auch S. 471 und M1, S. 477. o „Unser tägliches Brot.“ Karikatur (19 x 20 cm) von Erich Schilling aus dem „Sim plicissimus“ vom 17. Januar 1923. p Erläutern Sie, wie der Karikaturist die Folgen der Infl ation kommentiert. 1. Veranschaulichen Sie die Gefährdung der Weimarer Republik im Jahr 1923 durch ein Schaubild. 2. Der englische Botschafter in Berlin schrieb in seinem Jahresrückblick 1923, dass „jeder einzelne dieser Faktoren [...] eine grundlegende Veränderung entweder der inneren Struktur des Landes oder in seinen Beziehungen nach außen herbeigeführt“ hätte. Erläutern Sie diese Überlegungen, indem Sie anhand einer dieser Faktoren die möglichen Veränderungen skizzieren. 4677_1_1_2015_184-217_Kap6.indd 192 17.07.15 12:05 Nu r z u Pr üf zw ck e Ei g nt um d es C .C .B uc h r V er la gs | |
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