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266 Die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland und Europa Widerstand Motive Eine breite Widerstandsbewegung gegen das NS-Regime hat es nicht gegeben. Hitlers Herrschaft wurde über viele Jahre von einer großen Mehrheit des deutschen Volkes akzeptiert. Selbst in Kreisen, die keine enge Identifi kation mit den Zielen und Wertmaßstäben der Nationalsozialisten aufbrachten, verließen sich die meisten auf die politische Führung, wie sie es schon immer getan hatten. Seit den 1980er-Jahren bemühen sich Historiker um eine genauere Defi nition von Widerstand. So werden verschiedene Stufen zwischen nonkonformem Verhalten und aktivem Widerstand unterschieden. Zwischen privaten Unmutsäußerungen im Freundeskreis, dem freiwilligen Rücktritt aus einem Amt oder der Planung und Durchführung eines Umsturzes gab es eine Vielzahl von Abstufungen. So differenziert die Motive des Widerstandes auch waren, gemeinsam war allen Gruppierungen der feste Glaube an ethische Grundnormen, der ihnen die Kraft zu einem eigenverantwortlichen Denken gab. Kommunisten und Sozialdemokraten hatten schon frühzeitig vor Hitler gewarnt und wurden unter anderem deshalb von Anfang an verfolgt. Revolutionärer oder demokratischer Sozialismus, Klassenkampf und Weltrevolution standen im Widerspruch zu Hitlers nationalistischem und imperialistischem Konzept. Aus der Überzeugung, dass nur die Überwindung der reaktionären NS-Diktatur den Fortschritt der Menschheit sichern könne, entschlossen sich viele zum aktiven Widerstand. Der UdSSR sollte nach Auffassung der Kommunisten in diesem Kampf eine bedeutende Rolle zufallen. Aber auch Liberale und Konservative stellten sich gegen Hitler. Die brutale Missachtung fundamentaler Grundund Menschenrechte sowie demokratischer Spielregeln verletzte die freiheitlichen Prinzipien der einen; der Missbrauch tradierter Werte wie Ehre, Treue, Deutschtum, Volk und Vaterland zeigte den anderen, dass sie lange Zeit die wahre Gesinnung Hitlers nicht erkannt hatten. Selbst manche Mitglieder der Partei und ihrer Organisationen konnten auf Dauer ihre moralischen Bedenken gegen die weltund menschenverachtende Ideologie der NSDAP nicht zurückstellen. i Blick in die Dauerausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin. Foto von 2012. Die Gedenkstätte befi ndet sich am historischen Ort des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944 (vgl. Seite 268 f.), im „Bendler-Block“ in Berlin-Mitte. Darüber hinaus gibt es in Berlin weitere Gedenkstätten, die den Widerstand verschiedener Menschen und Gruppen gegen das NS-Regime thematisieren. So erinnert etwa die „Gedenkstätte Stille Helden“ in der Rosenthaler Straße an jene Menschen, die während der NS-Diktatur verfolgten Juden beistanden. Literaturtipps: p Wolfgang Benz und Walther H. Pehle (Hrsg.), Lexikon des deutschen Widerstandes, Frankfurt am Main 32008 p Arno Lustiger, Rettungswiderstand. Über die Judenretter in Europa während der NS-Zeit, Göttingen 2011 p Gerd R. Ueberschär, Für ein anderes Deutschland. Der deutsche Widerstand gegen den NS-Staat 1933-1945, Frankfurt am Main 22006 p Lina Haag, Eine Hand voll Staub. Widerstand einer Frau 1933-1945, München 2005 Internettipp: Der Kleinfabrikant Otto Weidt beschäftigte während des Zweiten Weltkrieges hauptsächlich blinde und gehörlose Juden und rettete vielen dadurch das Leben. Für mehr Informationen siehe Code 4677-24. Internettipp: Für weiterführende Informationen zum deutschen Widerstand siehe Code 4677-23 4677_1_1_2015_218-275_Kap7.indd 266 17.07.15 12:08 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um de s C .C .B uc hn r V er la gs | |
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