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318 Nationale Identität unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit in Deutschland Im Osten: „Einheit der Arbeiterklasse“ Die Sowjets gestatteten in ihrem Machtbereich bereits im Juni 1945 die Gründung politischer Parteien. Von Anfang an förderte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Kommunistische Partei. Anfang Mai 1945 war eine Gruppe deutscher Exilkommunisten aus Moskau in die SBZ eingefl ogen worden. An ihrer Spitze stand Walter Ulbricht. Er und andere Spitzenfunktionäre der KPD verfolgten eine Umgestaltung des Landes nach sozialistischen Prinzipien. Dazu sollte die Vereinigung der Arbeiterklasse durch einen Zusammenschluss der SPD und der KPD zu einer „Einheitspartei“ dienen. Trotz heftiger parteiinterner Kontroversen stimmten Otto Grotewohl und die Spitze der Ost-SPD auf dem „Vereinigungsparteitag“ in Berlin am 21./22. April 1946 für die Vereinigung mit der KPD zur „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (SED) (u M2). Doch auch nach dieser Maßnahme blieb die SED von einer politischen Mehrheit weit entfernt. Die Sowjets benachteiligten daraufhin die übrigen Parteien massiv. Die SED wurde 1949 zur einer „Partei neuen Typus“ nach sowjetischem Modell umgebildet und von Kritikern und Abweichlern im Innern „gesäubert“. Etwa 6 000 Sozialdemokraten wurden von sowjetischen Militärgerichten als „Agenten“ verurteilt und in Arbeitslager gebracht. Rund 100 000 Sozialdemokraten fl ohen in den Westen. Die SED verstand sich nun als „Vorhut der Arbeiterklasse“, die alle Vorgänge in Staat, Wirtschaft und Kultur kontrolliert. Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft Da die Sowjetunion von allen Siegermächten die größten Kriegsschäden erlitten hatte, war sie stärker an den Reparationsleistungen und den Demontagen kriegswichtiger Industrie interessiert als die westlichen Alliierten. Um den sowjetischen Bedarf an industriellen Gütern zu decken, gingen ganze Industriezweige in das Eigentum der Siegermacht über und fi elen damit für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in der SBZ aus. Auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht wurde von 1945 an eine Industriereform umgesetzt, durch die das Eigentum von Staat, Wehrmacht, NSDAP und als Kriegsverbrecher beschuldigter Personen beschlagnahmt und verstaatlich wurde. Insgesamt 75 Prozent des Industrievermögens, etwa 9 000 Firmen einschließlich aller Banken und Versicherungen, wurden entschädigungslos enteignet und verstaatlicht („Volkseigene Betriebe“, VEB). Die Enteignungen begannen in Sachsen, wo in einer Volksabstimmung 1946 über 67 Prozent der befragten Bürger zustimmten. Das sächsische Modell wurde anschließend in der gesamten SBZ ohne weitere Volksabstimmungen angewandt. Außerdem wurde auf sowjetischen Befehl eine Bodenreform in der SBZ durchgeführt. Sie betraf 35 Prozent der Agrarfl äche. Unter der Parole „Junkerland in Bauernhand“ wurden 7 000 Großgrundbesitzer (ab einem Eigentum von 100 ha) entschädigungslos enteignet und ihr Land zum größten Teil an 500 000 Landarbeiter, landlose Bauern, Flüchtlinge und Vertriebene verteilt. Ein Drittel blieb in öffentlichem Besitz („Volkseigene Güter“). Die Maßnahme fand bei allen Parteien Beifall, wobei die Ost-CDU eine Entschädigung für die Enteignungen forderte. Walter Ulbricht (1893 1973): deutscher Kommunist, 1938 Emigration nach Moskau, kam 1945 mit der Roten Armee nach Berlin zurück, 1950 1971 General sekretär der SED, 1960 1971 DDRStaatsratsvorsitzender, 1971 abgesetzt i Fotomontage zum Vereinigungsparteitag von KPD und SPD am 21./22. April 1946. Abgebildet sind Wilhelm Pieck (KPD, links) und Otto Grotewohl (SPD, rechts). p Beschreiben Sie die verschiedenen Bild elemente und ihre jeweilige Funktion. u Geschichte In Clips: Zur Gründung der SED siehe Clip-Code 4677-31 4677_1_1_2015_312-361_Kap9.indd 318 17.07.15 12:12 Nu r z P rü fzw ck en Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
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