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320 Nationale Identität unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit in Deutschland schaftliche und politische Partner. Außerdem sollte der Einfl uss der Sowjetunion eingedämmt werden. Der neue US-Außenminister George C. Marshall* entwickelte einen Hilfsplan, den die USA im April 1948 als European Recovery Program (ERP, Europäisches Wiederaufbauprogramm) beschlossen. Er bot den kriegszerstörten Ländern Europas günstige Kredite, Rohstoffe, Waren und Lebensmittel. Von 1948 bis 1952 wurden knapp 14 Milliarden Dollar an Hilfen gewährt. Die 16 Empfängerstaaten gründeten 1948 die OEEC (Organization for European Economic Cooperation), um die Verteilung der Mittel zu überwachen. Daraus entstand ein neuartiges System wirtschaftlicher Zusammen arbeit in Europa. Westdeutschland erhielt seit 1948 1,4 Milliarden Dollar an Unterstützung. Damit konnte der Wiederaufbau erheblich beschleunigt werden. Außerdem fi el eine Vorentscheidung für die Einbindung in die westliche Staatengemeinschaft. Der Marshall-Plan förderte jedoch auch die Teilung zwischen Ostund Westdeutschland. Die Sowjetunion unter Stalin lehnte den Marshall-Plan ab und verbot allen Ländern des eigenen Machtbereiches, die US-Hilfen anzunehmen. Stattdessen sollte der von der UdSSR entwickelte Molotow-Plan vom 11. Juni 1947 die Staaten Osteuropas und die SBZ durch bilaterale Verträge stärker an die Wirtschaft der Sowjetunion binden. Daraus entwickelte sich im Januar 1949 der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RWG). Wirtschaftsund Währungsreform Anfang 1948 beschlossen in Frankfurt am Main Vertreter aller Landtage der Westzonen eine Neuorientierung der westdeutschen Wirtschaft. Die Initiative ging von Ludwig Erhard aus, der für eine Soziale Marktwirtschaft warb. Ziel war es, die Kräfte des Marktes (Angebot und Nachfrage) in Gang zu setzen, wozu es einer Reform des zerrütteten Geldwesens bedurfte. Denn wegen der Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus, der sich und den Weltkrieg durch das Drucken von Banknoten fi nanziert hatte, war deutsches Geld wertlos. Während die Wirtschaftsreform von den Deutschen ausging, war die Währungsreform ein Anliegen der Westmächte, v. a. der Amerikaner. Die Umstellung des Geldes trat am 20. Juni 1948 in Kraft. Löhne, Gehälter, Renten und Mieten wurden im Verhältnis 1:1 umgestellt, Schulden auf ein Zehntel in DM-Beträge abgewertet. Angespartes Guthaben wurde nur zu einem Bruchteil in DM umgewandelt. Die Währungsreform von 1948 war einer der radikalsten Einschnitte der Nachkriegszeit. Sie war aber auch ein Startsignal: Buchstäblich über Nacht waren die Läden mit den Waren gefüllt, die wegen der Geldent wertung bis dahin zurückgehalten wurden. Die dauerhafte Belebung der westdeutschen Wirtschaft begann in den 1950er-Jahren. Die Berlin-Blockade 1948/49 Die Wirtschafts und Währungsreform war ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einem westdeutschen Staat. Als Antwort führte die Sowjetunion in ihrer Zone im Juni 1948 ebenfalls eine neue Währung ein. Außerdem verhängte Stalin eine Blockade über Berlin: Ab dem 24. Juni 1948 unterbrach die UdSSR die Stromversorgung für die Berliner Westsektoren und t „Rosinenbomber“ im Anfl ug auf den Flughafen Berlin-Tempelhof. Foto von 1948. Durch die Hilfsaktion verstanden sich Deutsche und Westalliierte erstmals als Verbündete. Amerikanische und britische Flugzeuge über Deutschland bedeuteten nicht mehr Schrecken und Zerstörung wie während des Bombenkrieges, sondern sorgten für Beistand und Hilfe. Ludwig Erhard (1897 1977): 1949 1963 Bundesminister für Wirtschaft, 1963 1966 Bundeskanzler, 1966/67 Vorsitzender der CDU Soziale Marktwirtschaft: Wirtschaftsordnung, die soziale Gerechtigkeit auf der Grundlage einer leistungsfähigen Wettbewerbswirtschaft vorsieht * Zu George C. Marshall siehe S. 489. 4677_1_1_2015_312-361_Kap9.indd 320 17.07.15 12:12 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C. C. Bu ch ne r V er l gs | |
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