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354 Nationale Identität unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit in Deutschland sie langfristig auf eine Liberalisierung der Verhältnisse in der DDR. Die SED-Führung profi tierte sofort und unwiderrufl ich von den getroffenen Vereinbarungen: Der Grundlagenvertrag brachte ihr nach der Aufnahme beider deutschen Staaten in die Vereinten Nationen (UNO)* 1973 die internationale Anerkennung – bis 1978 bereits von 131 Staaten. Die Welt ging davon aus, dass die deutsche Teilung damit endgültig war. In der Bundesrepublik lösten die Ostverträge heftige Auseinandersetzungen in Öffentlichkeit und Parlament aus. Die Mehrheit der Wähler bestätigte bei vorgezogenen Neuwahlen im November 1972 den Kurs der Regierung Brandt/ Scheel. Den Antrag Bayerns, den Grundlagenvertrag als verfassungswidrig aufzuheben, lehnte das Bundesverfassungsgericht im Juli 1973 ab. Es betonte dabei aber die Gültigkeit des Wiedervereinigungsgebotes des Grundgesetzes, die „Besonderheit“ in den Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten und die eine Staatsangehörigkeit aller Deutschen. Der innenpolitische Druck nimmt zu Trotz seiner internationalen Anerkennung fühlte sich das SED-Regime im Innern mehr und mehr bedroht. Die Erwartungen der Bürger, die DDR würde ihnen mehr Freiheit einräumen, erfüllten sich nicht. Um Hoffnungen im eigenen Land gar nicht erst aufkommen zu lassen, baute die SED-Führung den Überwachungsapparat der Stasi weiter aus und verschärfte die Sicherungsmaßnahmen an den Grenzen. Die erzwungene Ausweitung der Begegnungsund Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Deutschen in Ost und West durch die Aufnahme in die UN sowie die Teilnahme an der KSZE-Konferenz** wurde abgeblockt – zum Beispiel durch die Erhöhung des Mindestumtausches*** für DDR-Besucher oder das Verbot für SED-Mitglieder, Schulleiter, Polizisten und Wehrpfl ichtige, mit Bundesbürgern Kontakte zu pfl egen. Westdeutsche Journalisten wurden von der Stasi beschattet, häufi g in ihrer Arbeit behindert oder ausgewiesen. Die SED strich 1974 alle gesamtdeutschen Bezüge aus der Verfassung. Die Verheißung, den Sozialismus eines Tages auf die Bundesrepublik zu übertragen, wich einer Politik, die eine strikte Zweistaatlichkeit sichern sollte. Durch die Ostverträge und die Beschlüsse der KSZE fühlten sich viele Bürger ermutigt, Reiseerleichterungen und andere Freiheitsrechte in der DDR einzufordern. Die SED reagierte mit Gegendruck und vor allem mit dem massiven Einsatz von Inoffi ziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit. o Verkehrsverbindungen zwischen Westdeutschland und West-Berlin. 1972 willigte die DDR ein, den Straßenverkehr von und nach West-Berlin reibungsloser und schneller abzuwickeln. Sie erhielt dafür jährlich anfangs 230 Millionen DM, bis 1989 gesteigert auf 525 Millionen DM. Dieses „Transit abkommen“ war die erste vertragliche Regelung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR auf Regierungsebene. Elbe O s t s e e Rostock Kiel Lübeck Göttingen Kassel Hamburg Leipzig Zwickau Juchhöh Gutenfürst TöpenHof Ludwigsstadt Probstzella Bebra Hannover (Langenhagen) Hamburg (Fuhlsbüttel) Fran kfur t (R hein -Ma in-F lugh afen ) Helmstedt Marienborn Vorsfelde Bundesrepublik Deutschland DDR nach München/Nürnberg Neubrandenburg Buchen Lauenburg Herrenburg für den Verkehr nach Berlin nicht zugelassen SelmsdorfLübeck-Schlutup DreilindenNeubabelsberg Gerstungen Herleshausen nach Hannover Elbe Wartha nach Frankfurt Berlin Horst Schwanheide StaakenNedlitzOebisfelde TschechoslowakeiGrenzübergang Eisenbahn Autobahn/Straße Luftkorridor * Zu den Vereinten Nationen siehe S. 526 533. ** Zur KSZE-Konferenz siehe S. 502. *** Zum Mindestumtausch siehe S. 365. 4677_1_1_2015_312-361_Kap9.indd 354 17.07.15 12:13 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
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