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1976.7 Vertiefung: Gemeinschaftsmethode oder Unionsmethode zept des Art. 10 Abs. 2 EUV. [...] Soweit sich jedoch die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat koordinieren, fehlt der Legitimationsstrang über das Europäische Parlament, da dieses im Entscheidungsprozess nicht beteiligt ist. Im Sinne der in Art. 10 Abs. 2 EUV zum Ausdruck kommenden Legitimationsverschränkung des für das europäische Demokratieprinzip typischen dualen Legitimationskonzepts haben die nationalen Parlamente dies aufzufangen und ein hinreichendes Legitimationsniveau sicherzustellen. Problematisch ist insoweit allerdings: Die Rolle der nationalen Parlamente – respektive des Bundestages – beschränkt sich im Rahmen des intergouvernementalen Vorgehens allerdings auf jenen für die Auswärtige Gewalt typischen Nachvollzug. Haben sich die Staatsund Regierungschefs im Europäischen Rat politisch auf gewisse Ziele verständigt, findet sich der Bundestag bei der gesetzlichen Umsetzung dieser Vorgaben in einer Situation wieder, die derjenigen des Art. 59 Abs. 2 GG entspricht. Der Bundestag hatte keinen gestaltenden Einfluss auf die Zielvereinbarung, sondern kann die umsetzenden Maßnahmen entweder beschließen oder ablehnen. Zwar bleiben die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates rechtlich unverbindlich. Im parlamentarischen Regierungssystem des Grundgesetzes, in dem die Mehrheit des Parlaments „ihre“ Regierung trägt, entfalten diese jedoch politischfaktisch in hohem Maße Verbindlichkeit, möchte die Parlamentsmehrheit sich nicht ihrem Regierungschef verweigern. Vor diesem Hintergrund sollten die parlamentarischen Beteiligungsrechte des Art. 23 Abs. 2-5 GG auch im Rahmen der Unionsmethode (im Zweifel analog) zur Anwendung gebracht werden. Denn Europapolitik ist heute „europäisierte Innenpolitik“ [...]. Dem trägt das BVerfG in seiner Rechtsprechung zur „Integrationsverantwortung“ des Bundestages zunehmend auch Rechnung. Christian Calliess, Überlegungen zur Zukunft der EU, www.verfassungsblog.de, 5.8.2013 Artikel 10 Abs. 2 EUV „Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten. Die Mitgliedstaaten werden im Europäischen Rat von ihrem jeweiligen Staatsoder Regierungschef und im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten, die ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen müssen.“ Artikel 59 GG (1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten. (2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend. 65 70 75 80 40 45 50 55 60 Aufgaben 1. Stellen Sie mithilfe von M23 die Argumente dar, die die Bundeskanzlerin für die Einführung der Unionsmethode nennt. 2. Analysieren Sie die Kritik von Manuel Sarrazin an der Unionsmethode, indem Sie insbesondere die Folgen der Anwendung dieser Methode für die Gemeinschaftsinstitutionen herausarbeiten (M25). 3. Analysieren Sie die Stellungnahme des Verfassungsrechtlers Calliess zur Ausweitung der Unionsmethode seit der Finanzkrise, indem Sie insbesondere die folgenden Aspekte untersuchen: • die Berechtigung der Anwendung der Unionsmethode durch die Staatschefs; • die Legitimation von Entscheidungen durch die Beteiligung des Europäischen Parlaments bei der Anwendung der Gemeinschafsmethode (M24); • die Problematik der Beteiligung des Bundestages bei intergouvernementalen Entscheidungen (Anwendung der Unionsmethode) in einem parlamentarischen System, in dem die Regierung von der Mehrheit des Parlaments getragen wird; • der Vorschlag zur Beteiligung des Bundestages bei der Anwendung der Unionsmethode (analog zur Anwendung der Gemeinschaftsmethode) nach Artikel 23, Abs. 2-5 GG (M3). 4. Erörtern Sie die Positionen von Merkel und Sarrazin unter Einbeziehung der Argumente des Verfassungsrechtlers Calliess. Nehmen Sie Stellung (M23-M26). Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc n r V er la g | |
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