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2518.4 Integrationsmodelle theoretisch fundiert – Integrationstheorien im Vergleich Werner Weidenfeld, Die Europäische Union, München 2013, S. 23 M9 Die wichtigsten Integrationstheorien im Überblick Föderalismus Intergouvernementalismus Neofunktionalismus Motive (Warum?) Frieden Demokratie Idealismus Machterhalt / Souveränität Sicherheit Wohlstand und Frieden, Überwindung der Nationalstaaten Prozess (Wie?) Einmaliger Verfassungssprung oder schrittweise Föderalisierung Gipfeltreffen und Regierungskonferenzen als Instrumente, kleinster gemeinsamer Nenner der Nationalstaaten bestimmt Stand der Integration Zusammenarbeit beginnt in technisch-ökonomischen Bereichen, dann Spill-over [Übertragungseffekt] in benachbarte Politikfelder Akteure (Wer?) Nationalstaaten, aber auch andere gesellschaftliche Gruppen auf politischen Ebenen Nationalstaaten bzw. nationale Regierungen Nationale politische und wirtschaftliche Eliten sowie supranationale Institutionen Ziele (Wohin?) Bundesstaat (Vereinigte Staaten von Europa) mit Subsidiaritätsprinzip Staatenbund, EU als Verbund von internationalen Regimen Über die Vollendung des Binnenmarktes zu einer politischen Union M10 Das integrationstheoretische Konzept von Jacques Delors, ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission (1985-1995) In einem Interview der Zeitschrift „Mittelweg 36“ wird Jacques Delors deutlich, auf welche Überzeugungen seine europäischen Ziele gründen. Mittelweg 36: Welche Beziehung sehen Sie zwischen der durch gemeinsame Werte verbundenen europäischen Gesellschaft und den Nationalstaaten? Jacques Delors: Ich glaube weder daran, dass die Nationen verschwinden werden, noch an die vorherrschende Idee, dass die Wirtschaftsund Währungsunion die politische Integration nach sich ziehen kann, zumal die politische Agora1 immer die Nation ist, und den besten Dienst, den man ihr in demokratischer Absicht erweisen kann, ist, die demokratische Ordnung im Rahmen des Nationalstaates zu respektieren. Deshalb bin ich für eine Föderation der Nationalstaaten. Ich verlange nicht von den Deutschen oder den Franzosen, dass sie aufgeben, was sie sind, aber ich sage ihnen: „Betrachtet sowohl eure gemeinsamen Werte als auch eure gemeinsamen Interessen in der Welt, so wie sie heute ist.“ Wenngleich Europa diese gemeinsamen Werte besitzt, bleibt die Nation dennoch ein Element der Zugehörigkeit, das weder zu vernachlässigen ist noch überbewertet werden sollte. Wir haben alle Bindungen an ein nationales Erbe. Ich betone das umso mehr, als es gegenwärtig eine, wie [Sigmund] Freud sie bezeichnete, Faszination für die kleinen Unterschiede gibt: Serbien und Montenegro, Flandern und Wallonien, Irland. [...] All das muss man bekämpfen, nicht indem man die Partikularismen verhindert, sondern indem man den Leuten sagt: „Wohin soll euch das führen?“ Es gibt einerseits die Werte, die uns zusammenführen, und andererseits eine Tendenz, uns voneinander abzuspalten. Solche Abspaltungstendenzen sind gegenwärtig immer noch zu beobachten. Warum? Weil die Menschen der heutigen Zeit ein Unbehagen verspüren. Sie haben Angst vor der Globalisierung, und sie klammern sich an ihr Territorium, an familiäre, geographische oder sonstige Bindungen. Zwischen der Globalisierung auf der einen Seite und den lokalen Bindungen auf der anderen kann die Nation keine Synthese mehr herstellen, außer über einen erbitterten Nationalismus, wie er in vielen europäischen Ländern zu beobachten ist. Die Globalisierung abzulehnen und sie zum absoluten Feind zu erklären, ist auch keine Lö30 35 40 45 50 55 5 10 15 20 25 Als Präsident der Europäischen Kommission hat Jacques Delors zwischen Januar 1985 und Januar 1995 entscheidend dazu beigetragen, den europäischen Binnenmarkt zu etablieren, und damit die Grundlagen für die europäische Wirtschaftsund Währungsunion gelegt. Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei g nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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