Volltext anzeigen | |
42714.6 Der internationale Terrorismus – Gefahr für Sicherheit und Frieden M20 Islamischer Fundamentalismus – Definition, Gründe und Ziele Der transnationale Terrorismus Der transnationale Terrorismus ist […] sowohl hinsichtlich seiner Organisation als auch hinsichtlich seines Aktionsradius und seiner Ziele entgrenzt. Wichtigstes Wesensmerkmal ist seine Netzwerkstruktur: Seine dezentralen, halb autonom organisierten und unterschiedlich eng miteinander verknüpften Zellen erstrecken sich (mit regionalen Schwerpunkten) über die ganze Welt. Zu den Strategien des Terrorismus als „Propaganda der Tat“ (Michael Bakunin) gehört es, durch die besonders schockierende, demütigende und symbolisch aufgeladene Inszenierung von Gewalt „das Denken zu besetzen“ (Carl Schmitt). Für die Mobilisierung von Sympathisanten und die Rekrutierung neuer Kämpfer, die bereit sind, für die vermeintlich gute Sache ihr Leben zu geben, setzt die terroristische Strategie unter Einbeziehung der unfreiwilligen Mithilfe des Feindes auf Eskalation: Durch die kompromisslose Brutalität der Attentate soll der Feind zu extremen Gegenmaßnahmen herausgefordert werden, die wiederum der eigenen Basis die moralische Rechtfertigung liefern und die Notwendigkeit vor Augen führen sollen, diesen Feind mit allen Mitteln zu bekämpfen. Andreas Vierecke, u.a., Transnationaler Terrorismus, dtv-Atlas Politik, 2. kor. Aufl age, München 2011, S. 221 Was ist Islamismus? [Es ist] wichtig, genau zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden. Der Islam ist eine 1.400 Jahre alte Offenbarungsreligion. Der Islamismus ist dagegen eine politische Ideologie, eine politische und radikale Verengung des Islam. Die Anhänger dieser Ideologie, islamische Fundamentalisten, missachten die Grundund Menschenrechte und die Religionsfreiheit. Sie sind gegen eine Trennung von Staat und Religion und verstehen sich als Gegner der Demokratie. Die Islamisten sichern ihren Machterhalt, indem sie sich auf die Unantastbarkeit des Koran berufen, damit aber die Unantastbarkeit der eigenen Korandeutung meinen. [...] Wer sich gegen die Meinung islamischer Fundamentalisten ausspricht, gilt nicht als Kritiker, sondern als Ungläubiger, als Feind, der Allah verrät. [...] Was will der Islamismus? „Islamisten, oder anders ausgedrückt: islamische Fundamentalisten, wollen die Welt neu ordnen, indem sie diese zunächst ‚entwestlichen‘; sie sind bestrebt, die westlicheuropäische Globalisierung rückgängig zu machen. Damit ist nicht nur gemeint, die Hegemonie (Vorherrschaft) des Westens durch eine Vorherrschaft des Islam abzulösen, sondern auch und vor allem, westliche Normen und Werte durch islamische abzulösen [...].“ Der Verfassungsschutz formuliert die Ziele der radikalen Bewegungen des islamischen Fundamentalismus wie folgt: „[...] die Islamisten fordern unter Berufung auf den Urislam des 7. Jahrhunderts die ‚Wiederherstellung‘ einer ‚islamischen Ordnung‘ als der nach ihrem Verständnis einzig legitimen Staatsund Gesellschaftsform, die alle anders geprägten Ordnungssysteme ersetzen soll. In dieser ‚islamischen Ordnung‘ sollen alle Lebensbereiche so gestaltet sein, wie es von Gott durch den Koran und das Vorbild des Propheten und der frühen Gemeinde (Sunna) verbindlich vorgegeben sei. Militante Islamisten glauben sich legitimiert, die ‚islamische Ordnung‘ mit Gewalt durchzusetzen. Sie beziehen sich dabei auf die im Koran enthaltene Aufforderung zum ‚Jihad‘ (eigentlich: Anstrengung, innerer Kampf, auch: ‚heiliger Krieg‘).“ [...] Warum hat der Islamismus Hochkonjunktur? Der zunehmende Werteverlust westlicher Gesellschaften bildet ein Werte-Vakuum. Die nach Orientierung suchenden Muslime wollen diesem westlichen Werteverlust die eigenen Traditionen entgegensetzen. Daher hat die restriktive Auslegung der Religion heute auch unter „säkularen“, durch den Westen geprägten, Muslimen Hochkonjunktur. Viele muslimische Gruppierungen schauen sehnsüchtig auf die Epoche zwischen dem 7. und 17. Jahrhundert zurück, als der islamisch geprägte Kulturraum hegemoniale Macht besaß und den Westen beeinflusste. [...] Die gegenwärtige Epoche der islamischen Zivilisation wird als rückständig, chaotisch und gegenüber der kulturellen Sogkraft des Westens als unterlegen empfunden: „Das Gefühl politischer Ohnmacht und die eigene Perspektivlosigkeit, gepaart mit dem Vorwurf der Lüge und der Heuchelei an die Adresse des Westens: das ist der Nährboden, auf dem der islamische Fundamentalismus und der Dschihad-Terror gedeihen“, analysiert Michael Lüders. „Araber und Muslime sehen sich häufig als Opfer der Globalisierung und des Westens, als Spielball von Entwicklungen, die sie weder steuern können noch für richtig halten. [...] Das Gefühl, zu den Verlierern der Geschichte wie auch der Globalisierung zu gehören, stärkt bei vielen Arabern und Muslimen die Neigung, sich als ein vom Schicksal verfolgtes Opfer zu bedauern und daraus die Rechtfertigung für einen grenzenlosen, absoluten, auch terroristischen Widerstand abzuleiten.“ Gregor Delvaux de Fenffe, Islamischer Fundamentalismus, www.planet-wissen.de, 21.1.2015 50 55 60 65 70 75 80 85 90 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Nu r u Pr üf zw ec ke Ei g nt u d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |