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Grundlagen: Eurosystem und Verschuldungskrise 109 Dienstleistungen unverzerrte Signale über die relative Knappheit auf den Märkten geben und somit knappe Ressourcen in der Volkswirtschaft möglichst effizient lenken können, sollte das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf den einzelnen Märkten möglichst frei sein. Daher steuert das Eurosystem die Preise nicht direkt, sondern nimmt letztlich lediglich Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Eine besondere Rolle für den gesamtwirtschaftlichen Ausgleich von Angebot und Nachfrage spielen die Zinsen. Höhere Zinsen stärken den Anreiz zum Sparen und verteuern kreditfinanzierte Ausgaben. Beides bremst die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und trägt so dazu bei, die Preisentwicklung zu dämpfen. Umgekehrt führen niedrigere Zinsen tendenziell zu einer stärkeren Nachfrage und darüber in der Tendenz zu einem stärkeren Preisauftrieb. Ansatzpunkt der Geldpolitik ist der Bedarf der Geschäftsbanken an Zentralbankgeld. Dieser Bedarf ergibt sich zum einen daraus, dass die Bankkunden Zentralbankgeld in Form von Bargeld nachfragen. Zum anderen verpflichtet das Eurosystem die Geschäftsbanken zur Haltung von Mindestreserven in Form von Zentralbankgeld. Demnach muss eine Geschäftsbank auf ihrem Konto bei der Zentralbank im Durchschnitt einer „Reserveperiode“ eine bestimmte Einlage halten, deren Umfang sich aus der Höhe ihrer Kundeneinlagen ergibt [vgl. S. 120 f ]. Darüber hinaus benötigen Geschäftsbanken Zentralbankgeld für die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Um dem Bedarf an Zentralbankgeld nachzukommen, vergibt das Eurosystem an die Geschäftsbanken üblicherweise Kredite. Den Kreditbetrag schreibt die kreditgewährende Zentralbank der Geschäftsbank auf deren Zentralbankkonto als Einlage gut. Diese Einlagen auf Konten der Zentralbanken des Eurosystems sowie das umlaufende Bargeld sind „Zentralbankgeld“. Die Bezeichnung weist darauf hin, dass dieses Geld nur von der Zentralbank geschaffen werden kann. Dieses Monopol ist ein wichtiger Hebel, mit dem das Eurosystem auf die Geschäftstätigkeit der Banken, insbesondere auf deren Konditionen im Kreditund Einlagengeschäft, Einfluss nimmt. Schon lange untersuchen Wirtschaftswissenschaftler den sogenannten Transmissionsmechanismus der Geldpolitik: Welche Wirkungen gehen davon aus, wenn eine Zentralbank den Zinssatz für Zentralbankgeld anhebt oder senkt? […] Schon eine vereinfachte Darstellung des Transmissionsmechanismus illustriert, wie komplex das Gefüge aus Wirkungen, Nebenwirkungen und Rückwirkungen ist: Erhöht das Eurosystem den Zinssatz für Kredite an die Geschäftsbanken, müssen die Banken mehr für das Ausleihen von Zentralbankgeld zahlen. Der Zinssatz für Kredite, die sich die Geschäftsbanken gegenseitig gewähren, steigt entsprechend. Die höheren Beschaffungskosten geben die Banken dann in Form steigender Kreditzinsen an ihre Kunden weiter. Die kürzerfristigen Bankzinsen folgen deshalb in der Regel den Zinssätzen für kurzfristige Interbankenkredite. Mit höheren kurzfristigen Zinsen verschiebt sich die gesamte Zinsstruktur nach oben, sodass auch oft die längerfristigen Zinsen – und damit die Finanzierungskosten für längerfristige Kredite – steigen. Die geldpolitischen Zinssätze werden deshalb als „Leitzinsen“ bezeichnet. Der Zusammenhang der Leitzinsen mit den langfristigen Zinssätzen, den Kapitalmarktzinsen, ist aber nicht so eng wie bei den kurzfristigen Zinsen. Hebt die Zentralbank ihre Zinsen an, steigen die langfristigen Zinsen oft nicht im gleichen Ausmaß. Auch muss eine Senkung der Leitzinsen nicht immer ein Absinken der langfristigen Zinsen zur Folge haben. Die Geldpolitik wirkt aber nicht nur über den bisher beschriebenen Kanal, sondern auch über andere Wirkungskanäle. Eine wichtige Größe ist in diesem Zusammenhang der Wechselkurs, also das Austauschverhältnis zweier Währungen. Steigen beispielsweise im Inland die Zinsen, so wird eine Geldanlage am heimischen Kapitalmarkt tendenziell attraktiver, sowohl für 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d e C .C .B uc hn er V er la gs | |
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